Kurier (Samstag)

Immerhin der Schlager ist frei von Katastroph­en

Echo-Verleihung.

- VON GEORG LEYRER

Es ist ja eigentlich beeindruck­end, dass eine derart stromlinie­nförmige Gala wie die Echo-Verleihung so oft solche Wellen schlägt.

Einst lud man die den Blick stramm auf den eigenen Heimatbode­n richtende Band Frei.Wild aus und dann wieder, ohne viele Wellen, ein; und heuer hat man es besonders wenig leicht mit sich selbst: Die Preise für die kommerziel­l erfolgreic­hsten deutschen Acts waren zuerst geprägt von einer Rap-Text- zeile über die „definierte­n“(Bodybuilde­rbegriff!) Körper der Auschwitz-Insassen.

Und dann davon geprägt, dass ausgerechn­et die Verfasser dieses Provokatio­nsnonsens auch noch den „Echo“bekamen.

Buhrufe

So holten sich also Farid Bang und Kollegah ihren Preis unter Pfiffen und Buhrufen ab; und die Empörung folgte auf dem Fuße. Campino, Frontmann der Toten Hosen, kritisiert­e das Ganze vor Ort; es folgten u. a. Jan Böhmermann, der deutsche Außenminis­ter und „das Internet“, aber das empört sich ja eh über alles.

Heuer also auch wieder: Die deutschspr­achige Populärmus­ikszene kann offenbar nicht unfallfrei über eine Bühne gehen, ohne in eine dunkle Meinungsra­ndzone zu stolpern. Liebe Grüße an Xavier Naidoo. Wenn man dann noch mit hineinnimm­t, dass beim Echo die erfolgreic­hsten Acts des Landes ausgezeich­net werden, und dass ganz viele andere Preisträge­r musikalisc­h in die selbst verschulde­te Unmündigke­it zurückgele­iten – du liebst mich nicht, ich lieb dich nicht, die Natur ist schön –, dann stellen sich schon schwierige popkulture­lle Fragen. Die Absicht hinter dem Auschwitz-Satz war übrigens, falls sich das wer fragt, „niemals negativ, sondern höchstens vielleicht ein bisschen fahrlässig“, sagte Farid Bang.

„Wir vom Schlager sind einfach überall – auch da, wo niemand mit uns rechnet“, sagte Helene Fischer. Undviellei­cht zumersten Mal lernt man die Unverbindl­ichkeit der Schlagermu­sik zu schätzen: Da passiert wenigstens keine Katastroph­e.

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