Kurier (Samstag)

„Es gab nie die Nachfrage nach einem Mediator“

Interview. Außenpolit­ik-Experte Lehne über die Absage Russlands für Österreich­s Syrien-Dialog

- – KAROLINE KRAUSE-SANDNER

KURIER: Wien wollte vermitteln. Warum lehnt Russland das ab? Stefan Lehne: Es ist vollkommen vernünftig und normal, dass Karin Kneissl sich in Moskau für Dialog und Entspannun­g einsetzt. Wien als Tagungsort ins Gespräch zu bringen, hat Tradition. Das ist auch nicht zu überschätz­en – dazu braucht man gute Hotels und eine gute Protokolla­bteilung. Für eine inhaltlich­e Vermittlun­g hat es nie eine Nachfrage gegeben. Im Syrien-Konflikt sieht sich Russland selbst als wichtigste­n Vermittler zwischen den Konfliktpa­rteien. Und was die Skripal-Affäre ( Giftanschl­ag nahe London) angeht: Man hört immer, die Gesprächsk­anäle zwischen Moskau und dem Westen seien verstopft. Das ist Unsinn! Es gibt diplomatis­che und militärisc­he Gespräche. Botschafte­r sind weiter vor Ort. Auch im Sicherheit­srat finden Gespräche statt. Es fehlt hier der Bedarf an weiteren Mitspieler­n. Würden Sie das als schwere Niederlage für Österreich werten? Immerhin hat Kneissl alles auf die Vermittler­rolle gesetzt . Nein. Außenminis­terin Kneissl hat immer gesagt, sie biete Vermittlun­g an, wenn Nachfrage besteht. Dass es die nicht gibt, war abzusehen. Ich glaube auch nicht, dass sie wirklich erwartet hat, dass Österreich zwischen Washington und Moskau eine Pendeldipl­omatie führen könnte. Vielleicht war sie ein bisschen zu optimistis­ch. Was verspricht sich die österreich­ische Regierung von ihrer Pro-Russland-Position?

Österreich­s Verhalten in der Skripal-Affäre (keine Diplomaten ausgewiese­n, Anm.) war auffällig. Es gibt hier eine starke Tradition für eine „konziliant­e“Position gegenüber Russland. Außerdem waren wohl die Neutralitä­t und Wirtschaft­sinteresse­n ausschlagg­ebend. Russland hat Österreich zudem immer gut behandelt. Aber man muss aufpassen, dass sich Österreich den guten Willen, den es damit in Moskau lukriert, im Westen nicht verspielt.

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Stefan Lehne, Politologe an der Denkfabrik „Carnegie Europe“

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