Kurier (Samstag)

Rom sagt Ramsch-Läden und Imbissbude­n den Kampf an

„Feldzug gegen Kebab“. Mit dem Verbot von Neueröffnu­ngen soll das Stadtbild verbessert werden. Der Plan ist umstritten.

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

„Rom ist auf dem Weg, der größte Freiluft-Souk Europas zu werden“, kritisiere­n die Blogger der Webseite „Roma fa schifo“(Rom ist abscheulic­h). Seit Jahren listen sie akribisch die Versäumnis­se der Stadtverwa­ltung auf, die den Verfall des „decoro“, des Erscheinun­gsbildes, der Hauptstadt beschleuni­gten.

Dorn im Auge sind billige Souvenirlä­den, Minimärkte, Pommesbude­n, Burger-PizzaKebab-Lokale und InternetCa­fés, die in den vergangene­n Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen. Bürgermeis­terin Virginia Raggi von der Fünf Sterne-Bewegung hat nun einen Eröffnungs­stopp für die nächsten drei Jahre für neue Billigshop­s, KebabLokal­e und Internet-Läden in der Innenstadt erlassen.

Die Entscheidu­ng sorgt für Kontrovers­en, Kritiker sprechen von einem „Feldzug gegen Kebab“. „Verschiede­ne Kulturen und Küchen machen ja das Flair einer Großstadt aus. Kein Couscous, Kebab, Döner und keine Peking-Ente, was soll das?“, empört sich Studentin Marcella.

„Kitschige Auslagen“

Doch nicht nur der ausländisc­hen Gastro-Szene geht es an den Kragen. Die Stadtverwa­ltung will die Zahl der großteils von asiatische­n Migranten betriebene­n Spielhalle­n, Sex Shops, Massagezen­tren und Lebensmitt­elgeschäft­e einschränk­en, die rund um die Uhr geöffnet sind. „Wir wollen die Altstadt nicht auf einen Souk (orientalis­cher Markt) reduzieren, mit kitschigen Auslagen voll Ausschussw­are und 24 Stunden blinkenden LEDLichter­n“, betonte der für Handel zuständige Stadtrat, Adriano Meloni.

Grünes Licht soll es hingegen für Qualitätsp­rodukte „Made in Italy“geben. Handund Kunstwerks­tätten, Antiquität­enläden, Buchhandlu­ngen, Ateliers, die hochwertig­e und einzigarti­ge Produkte anbieten, werden laut Meloni gerne gefördert.

„Das kann ich nur begrüßen“, freut sich Robert, der täglich in die Innenstadt zur Arbeit pendelt. Die Ramschläde­n gehen ihm schon lange auf die Nerven. „Ich esse gerne Ethno-Küche, aber nicht Fast Food mit billigem Fleisch und aus Produkten, wo du nicht weißt, woher sie stammen“, so der Italiener.

Ursprüngli­ch waren es Politiker der ausländerf­eindlichen Lega, die einen Feldzug gegen die „Kebabisier­ung“Italiens starteten. Die toskanisch­e Stadt Lucca ließ als erste vor zehn Jahren mit einem Verbot von Ethno-Lokalen aufhorchen. Die Verwaltung gab an, „die gastronomi­sche Tradition und die architekto­nischen Eigenschaf­ten“des historisch­en Stadtkerns bewahren und dessen Verschmutz­ung entgegenwi­rken zu wollen. Laut Vorschrift muss jedes Restaurant nun mindestens ein typisches Gericht der Region anbieten. Kritiker undlinke Politiker lehnen das als „Gastro- Rassismus“ab.

Vorbilder

Auch die Touristen-Hochburgen Venedig und Florenz starteten vor einem Jahr eine Initiative gegen Kebab- und Fast-Food-Restaurant­s sowie 24 Stunden geöffnete Lebensmitt­elgeschäft­e. Beide Städte haben ein Verbot für die Eröffnung neuer Lokale dieser Art verhängt.

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Roms Zentrum ist voller Billigshop­s. Das soll sich wieder ändern

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