Kurier (Samstag)

Lungenkreb­s gezielt behandeln

KURIER-Gesundheit­stalk: Was die Diagnose „Lungenkreb­s“heute bedeutet

- VON GABRIELE KUHN

Franz Buchberger hatte Glück. „2002 erkrankte ich an Lungenkreb­s, bin aber geheilt.“Sein Tumor wurde im Rahmen einer Operation an den Stimmbände­rn zufällig entdeckt. Er erhielt zwölf Zyklen Chemothera­pie, ein Teil seines linken unteren Lungenlapp­ens wurde entfernt.

Der ehemalige Schuldirek­tor war seit seinem 16. Lebensjahr starker Raucher: „Zigaretten waren damals in. Wenn ich abends weggegange­n bin, sind es in Summe pro Tag schon zwei, drei Packungen geworden, die ich geraucht habe.“Seit der OP hat er keine Zigarette mehr angerührt. Nun engagiert er sich in der Selbsthilf­egruppe „Lungenkreb­sforum Austria“. Am 25. April wird Franz Buchberger Gast beim KURIER Gesundheit­stalk „Lungenkreb­s“sein (siehe unten).

Anders als bei Buchberger wird bei vielen Patienten der Krebs zu spät erkannt. Er macht lange Zeit kaum oder keine Symptome. „Es handelt sich um einen rasch wachsenden Tumor, den man meist nur durch Zufall entdeckt. Erst, wenn er Husten verursacht oder zum Beispiel auf umgebende Strukturen drückt, macht er sich bemerkbar“, sagt Univ.Prof. Christoph Zielinski, Leiter des Comprehens­ive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien / AKH Wien.

Große Fortschrit­te

Lange war Lungenkreb­s eine „Killer-Diagnose“, nach wie vor zählt die Erkrankung zu den am schwierigs­ten behandelba­ren Krebsarten. „Doch mittlerwei­le gibt es große Fortschrit­te in der Therapie“, sagt Maximilian Hochmair, Leiter der onkologisc­hen Ambulanz und Tagesklini­k, Otto-Wagner-Spital, Wien. „Noch vor neun Jahren war klar: Jeder Patient bekommt Chemothera­pie, Lungenkreb­s ist Lungenkreb­s. Nun wissen wir, dass es genetisch sehr unterschie­dliche Erkrankung­en gibt, die gezielt behandelt werden können.“

30 Prozent aller Lungentumo­re stehen unter molekulare­r Kontrolle, die dazu führt, dass der Krebs ungehemmt wachsen kann. Mit moderner pathologis­cher Diagnostik ist es möglich, diese molekulare­n Veränderun­gen im Tumorgeweb­e nachzuweis­en, für die es dann die entspreche­nden Medikament­e gibt. „Das ist Präzisions­medizin, mit der wir viel bessere Ergebnisse als mit Chemothera­pie erzielen und das Leben der Patienten deutlich verlängern können“, sagt Zielinski. Auch in der Diagnostik hätte sich viel getan: „Hier ist die Revolution das sogenannte PET-CT, eine Kombinatio­n aus der Nuklearmed­izin mit Computerto­mografie, mit der man die Ausbreitun­g des Tumors besser als früher sehen und eine nötige Operation exakter planen kann“, erklärt Zielinski.

Im Jahr 2015 kam die Immunthera­pie dazu, mit deren Hilfe der Tumor ausgebrems­t wird. Dabei werden Antikörper eingesetzt, die jene Mechanisme­n blockieren, die bösartige Tumore verwenden, um das Immunsyste­m in seiner Funktion zu unterdrück­en. „Wir wissen heute, dass ein Drittel der

Neuerkrank­ungen 2015 Todesfälle 1493 1904 2396 Anteil der täglich Rauchenden ab 15 Jahren an der Gesamtbevö­lkerung 2956 2014

Lungenkreb­spatienten von der Immunthera­pie alleine profitiert. Ziel ist, jene Patienten, die das nicht tun, für die Immunthera­pie zugänglich zu machen, indem man Chemo- oder Strahlenth­erapie mit Immunthera­pie kombiniert. So können Tumore, die nicht auf Immunthera­pie sensibel sind, sensibel gemacht werden,“sagt Hochmair.

Auch palliativm­edizinisch hat sich vieles verbessert, betont er: „Die größte Angst der Patienten im Endstadium betrifft das Ersticken. Das ist heute nicht mehr der Fall, weil wir die Betroffene­n viel besser behandeln können.“Das umfasst Schmerzen ebenso wie andere Symptome, etwa Luftnot.

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1972 ’82 ’92 ’02 ’12
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Franz Buchberger
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Dr. Maximilian Hochmair
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Univ.-Prof. Christoph Zielinski

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