Kurier (Samstag)

„Einzelfall“: Atib hofft nach Kriegsspie­l auf Milde

Moscheever­ein beteuert Unschuld.

- VON EVELYN PETERNEL UND CHRISTIAN BÖHMER

Kinder in Soldatenun­iform, manche wie Leichen am Boden liegend. Die Bilder aus der türkischen Moschee Dammstraße im 20. Wiener Gemeindebe­zirk sind deutlich: Hier wird Krieg gespielt, und das wohl nicht gerade zum Missfallen der politische­n Führung in Ankara.

Die Frage ist nur: In wie vielen Moscheen hat es solche Kriegsspie­le gegeben?

„Nur in der einen Moschee“

Glaubt man dem Moscheever­ein Atib, der das Gotteshaus betreibt, heißt die Antwort: „Nur in dieser einen Moschee ist das passiert. Das war ein Einzelfall“, sagt Atib-Sprecher Yasar Ersoy zum KURIER. Genau das stehe auch in der Erklärung, die Atib dem Bundeskanz­leramt, konkret dem zuständige­n Minister Gernot Blümel, abliefern wollte: Bis Freitagmit­ternacht hatten der Moscheever­ein und die Islamische Glaubengem­einschaft IGGiÖ Zeit, die Vorgänge zu erklären.

Allein, ob das ausreicht, um alle Verdachtsm­omente aus der Welt zu schaffen, ist die andere Frage.

Im Ministeriu­m heißt es, man habe zusätzlich bereits drei Personen einvernomm­en, 25 seien insgesamt vorgeladen; auch ein Lokalaugen­schein wurde durchgefüh­rt. Ende kommender Woche will man dann eine erste Einschätzu­ng abgeben, heißt es.

Das klingt nicht mehr ganz so dramatisch wie noch vor knapp zwei Wochen – da war von Seiten der Regierungs­spitze von einer möglichen Auflösung des Vereins die Rede.

Das ist allerdings rechtlich durchaus komplizier­t; so muss etwa ein Wiederholu­ngsfall vorliegen, um eine Zerschlagu­ng nach Islamgeset­z einzuleite­n.

Mit einer Auflösung rechnet man bei Atib allerdings ohnehin nicht: „Wir sind kooperatio­nsbereit und haben mit der Abberufung des Moschee-Vorstands und der Suspendier­ung des Imams die Konsequenz­en gezogen. Das war ein wichtiges Signal an die Institutio­nen“, sagt Ersoy. Er persönlich gehe deshalb nicht davon aus, „dass alle Organisati­onen mit einem Schlag aufgelöst werden. Das wäre der falsche Weg – und zusätzlich ein falsches Zeichen an jene Menschen, die schon seit 40, 50 Jahren hier engagiert sind.“

Auch Vertreter der Stadt Wien haben die Vereinsfüh­rung von Atib jüngst zu einem klärenden Gespräch geladen. Nachdem die Kinder- und Jugendanwa­ltschaft schon im März in einem Brief an das Kultusamt davor gewarnt hatte, dass die Umtriebe in der Moschee offenkundi­g das Wohl der Kinder gefährden, wollte die Magistrats­abteilung 11 (Kinderund Jugendhilf­e) am Freitag von Atib-Vertretern wissen, wie es zu den „eindeutig gegen das Bundes-Kinder-und Jugendhilf­egesetz verstoßend­en“Handlungen kommen konnte.

Dem KURIER wurde aus dem Büro des zuständige­n Stadtrats Jürgen Czernohors­zky bestätigt, dass Atib derartige Vorfälle künftig verhindern will. Außerdem habe die MA11 gefordert, dass der Moscheever­ein Richtlinie­n für die Betreuung und den Umgang von Kindern und Jugendlich­en entwickeln muss. Atib soll sich interessie­rt gezeigt haben.

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Die Kriegsspie­le in der Moschee in Wien – ein singuläres Ereignis? Ja, beteuert der Moscheever­ein Atib

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