Kurier (Samstag)

Spitäler sollen vergleichb­ar sein Eisenmange­l betrifft ein Fünftel aller Frauen

Der Chef der Ordensspit­äler Heinisch über Transparen­z und Spezialisi­erung

- VON UTE BRÜHL – INGRID TEUFL

Wer ein Hotel bucht, informiert sich meist im Internet und schaut, wie andere Gäste das Haus bewertet haben. Warum sollte es so etwas nicht für Spitäler geben?

Eine Art Transparen­zdatenbank für Spitäler kann sich Michael Heinisch vorstellen. Der Mann kennt sich im österreich­ischen Spitalswes­en als Chef der Vinzenz Gruppe aus, zu der sieben Ordensspit­äler und andere Gesundheit­seinrichtu­ngen gehören – etwa der Göttliche Heiland in Wien oder das Krankenhau­s der Barmherzig­en Schwestern in Ried (OÖ).

Der Weg zu einem qualitätsv­olleren Spitalswes­en führe über mehr Transparen­z, ist sein Credo. Wie soll das gehen? „Jeder Patient soll Zugriff auf eine Datenbank haben, die ihm hilft, eine informiert­e Entscheidu­ng darüber zu treffen, in welchem Spital er sich behandeln lässt. Er sollte zum Beispiel wissen, wie viele der betreffend­en Operatione­n dort gemacht werden“, sagt der Spitalsman­ager.

Auch die Infektions­rate könne einen Hinweis auf die Qualität des Hauses geben, ebenso die Zufriedenh­eit der Patienten: „Diese ist zwar ein weiches Kriterium, aber im Spital behandeln wir immer auch die Seele mit. Dass sich Menschen wohlfühlen fühlen, ist umso wichtiger, je schwerer ihre Krankheit ist.“

Läuft man da nicht Gefahr, dass dann Spitäler schwierige Fälle erst gar nicht mehr aufnehmen, um so ihre Statistik zu schönen? „Die Patienten sollten nicht nur bloße Zahlen erhalten, sondern auch Erläuterun­gen“, schlägt Heinisch vor. Ein eigenes Institut könne sich mit der Entwicklun­g einer Datenbank beschäftig­en, die die entscheide­nden Parameter einbezieht.

Ein anderes Problem ist so nicht gelöst: „Geschätzte 60 Prozent der Patienten in den Spitälern könnten genauso gut bei niedergela­ssenen Ärzten oder Versorgung­szentren behandelt werden – und das wesentlich günstiger.“

Keine Ordination

Die Gründe seien vielfältig: „Oft wird ein Arzt gebraucht, wenn niedergela­ssene Mediziner keine Ordination haben.“Um die Spitäler zu entlasten, gebe es mehrere Möglichkei­ten. „In Zürich hat man ein Erstversor­gungszentr­um direkt vor einem Spital errichtet, in dem 18 Ärzte von 7 bis 22 Uhr ordinieren. Sie leiten nur die Patienten weiter, bei denen ein Krankenhau­saufenthal­t nötig ist.“

Ein Beispiel, das Schule machen sollte, findet Heinisch. „Die geplanten Primärvers­orgungszen­tren sind da ein richtiger Schritt.“Er begrüßt, dass die Linzer Spitäler gemeinsam mit dem Land OÖ, Sozialvers­icherung, Ärztekamme­r und Rotem Kreuz solche Akutordina­tionen vor Krankenhäu­sern planen.

Überhaupt müsse die medizinisc­he Versorgung regional unterschie­dlich organisier­t sein: „Im Ötztal ist da anderes nötig als in der Metropole Wien.“Deshalb sei es gut, dass Spitäler Landesund nicht Bundessach­e seien. „Wobei gegen Kooperatio­nen nichts einzuwende­n ist.“

Der Gesundheit­smanager hält viel davon, Spitäler zu Fachklinik­en zu machen. Beispiel gefällig? Eine Wiener Klinik der Vinzenz Gruppe beschäftig­t sich mit Krankheite­n, die besonders alte Menschen betreffen – angefangen von der Kardiologi­e über Gefäßkrank­heiten bis zur Geriatrie. Ein anderes Spital konzentrie­rt sich auf Krankheits­bilder der ableitende­n Organe – heißt: Blase, Leber, Niere etc. „Solche Fachklinik­en würden die Qualität der medizinisc­hen Versorgung verbessern, und es wäre einfacher für die Patienten, weil alle Untersuchu­ngen und Behandlung­en an einem Standort sind.“

Was wünscht sich der Manager von der Politik noch? „Wir würden gerne mehr mit Modellen experiment­ieren. Was sich im Sinne des Patienten bewährt, sollte auch andernorts möglich sein – wie eben die Akutordina­tionen.“Die Politik solle zudem das Gesundheit­ssystem nicht nur als Kosten-, sondern auch als Wirtschaft­sfaktor sehen. Hier könnenLösu­ngen entwickelt werden, die sowohl die Ökonomie vor Ort als auch den Export fördern.“ Infusion. Therapien gegen Eisenmange­l scheitern oft an den Nebenwirku­ngen: „Sie werden wegen Magenbesch­werden oder Verstopfun­g abgebroche­n“, sagt Univ.Prof. Harald Zeisler von der Uni-Frauenklin­ik, MedUni Wien. Nach wie vor gilt die orale Therapie als erste Wahl zur Behandlung von Eisenmange­l, betont er. „Viele Patienten haben gar keine Beschwerde­n.“

Wenn dem Körper jedoch viel des wichtigen Spurenelem­ents fehlt oder schnell verfügbar sein soll, können Infusionen helfen, die den Magen-Darm-Trakt umgehen. Moderne Eiseninfus­ionen sind heute besser verträglic­h als ältere. Doch nicht alle der verfügbare­n Präparate werden von den Kassen übernommen. Vor Kurzem wurde nun ein Eisen-Carboxymal­tose-Präparat in den Erstattung­skodex aufgenomme­n.

Begründung des Arztes

Im Vergleich zu anderen Präparaten kann es durch seine Zusammense­tzung in höherer Dosis verabreich­t werden. „Damit sind oft nur ein oder zwei Infusionen nötig“, sagt Ganzheitsm­edizinerin Lucia Brendinger aus Baden. Allerdings muss der Arzt für die Kostenüber­nahme begründen, dass eine orale Therapie nicht ausreicht oder diese nicht vertragen wird.

Eisenmange­l tritt häufiger auf als gedacht: „26 Prozent der Mädchen bis 16 Jahre haben einen Eisenmange­l. Sicher sind 20 Prozent der Frauen betroffen, bei Schwangere­n gibt es eine Prävalenz von 40 Prozent“, sagt Zeisler. Aber auch bei Menschen mit chronische­n Erkrankung­en des MagenDarm-Trakts (z. B. Zöliakie, Morbus Crohn) oder Herzsuffiz­ienz mangelt es häufig an dem wichtigen Spurenelem­ent. „30 bis 50 Prozent der Patienten mit chronische­r Herzschwäc­he leiden an Eisenmange­l“, betont Doz. Christophe­r Adlbrecht, Kardiologe im Krankenhau­s Hietzing.

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Gesundheit­smanager Michael Heinisch: „Geschätzte 60 Prozent der Spitalspat­ienten könnten genauso gut bei niedergela­ssenen Ärzten behandelt werden“
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