Kurier (Samstag)

Ottakringe­rs Match gegen die Multis

Wie sich der Familienbe­trieb gegen internatio­nal tätige Konzerne erfolgreic­h positionie­rt

- VON SIMONE HOEPKE

Sigi Menz Ottakringe­r-Vorstandsc­hef Sigi Menz, Vorstandsc­hef der Ottakringe­r Getränke AG, hat 30 Jahre lang das Unternehme­n geprägt. Ende Juni wechselt der Miteigentü­mer des Familienbe­triebs in den Aufsichtsr­at. Im KURIER spricht er über die Konkurrenz der Großkonzer­ne, seine Kreativbra­uerei und den Wassermark­t. Macht es eigentlich mehr Spaß, Bier zu verkaufen als Mineralwas­ser? Sigi Menz: Das Biergeschä­ft ist natürlich emotionale­r als das Wassergesc­häft, nicht nur, weil mit dem Alkoholpeg­el die Emotionen hochgehen (lacht). In Österreich ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier noch immer höher als von Mineralwas­ser, obwohl immer mehr Wasser gekauft wird. Die Deutschen kaufen mehr Mineralwas­ser als Bier. Österreich – eine Nation von Biertrinke­rn?

Fairnessha­lber muss man dazu sagen, dass die Österreich­er weniger Wasser kaufen, weil wir eine so gute Qualität beim Leitungswa­sser haben. Das ist in vielen Ländern schon ganz anders. In Ihrem Büro hängen 10 BierGebote: 1. Du sollst kein alkoholfre­ies Bier trinken …

(lacht) Für alle, die es trotzdem wollen, haben wir mit Null Komma Josef natürlich auch alkoholfre­ies Bier im Angebot. Aber die breite Masse will das eher nicht, oder? Sehen Sie noch viel Wachstumsp­otenzial?

Ich denke, die Spitze haben wir bereits erreicht, auch was die Radler-Umsätze angeht. Das belegt auch die Statistik des Brauereive­rbandes für 2017. Bei Ottakringe­r liegen die beiden Segmente zusammenge­nommen bei einem Umsatzante­il von weniger als zehn Prozent. Es heißt, in der Gastronomi­e wird immer weniger Bier getrunken. Sehen Sie das auch so in den Verkaufsza­hlen?

Wir machen heute ein Drittel unseres Umsatzes in der Gastronomi­e, es waren einmal 50 Prozent. Die Gastronomi­e-Landschaft verändert sich, nicht nur wegen des Rauchverbo­ts. Es werden viele Ethno-Food-Lokale eröffnet, das altklassis­che BierBeisl gehört nicht zu den wachsenden Segmenten. Dass wir heute zwei Drittel des Geschäfts im Handel machen, liegt aber auch an neuen Listungen. Da spielen viele Faktoren zusammen. Egal ob Bier oder Mineralwas­ser – Ihre Konkurrent­en sind Multis wie Heineken (u. a. Gösser, Zipfer, Puntigamer) oder Coca-Cola (Römerquell­e). War es klug, dass Sie 2009 den Heineken-Konzern wieder aus dem Konzern rausgekauf­t haben?

Ja, der Tag des Rückkaufs unserer Unternehme­nsanteile ist unser Unabhängig­keitstag. Die großen Konzerne sind sich ja nicht zu blöd, eine Brauerei nach der anderen aufzukaufe­n und bestehende Strukturen zu zerstören. Aber mit der Marke bleibt doch meist die Abfüllung vor Ort bestehen …

Schon, aber die Unternehme­nsführung wandert hin zum Konzernsit­z des Multis und damit auch gleich die Unternehme­nsbesteuer­ung. Das heißt, ein großer Teil der Wertschöpf­ung spielt sich in einem anderen Land ab und vor Ort kommt alle paar Jahre ein neuer Manager. Um gegen die Multis mit ihren Riesenbudg­ets bestehen zu können, müssen wir Trends setzen und mit Individual­ität Meter machen. Spielt Ihnen der Regionalit­ätstrend gerade in die Hände?

Ich denke schon. Wir sind lokal stark verankert und als Eigentümer selbst vor Ort. Uns kann man besuchen kommen, Führungen durch die Brauerei machen. Zu den Braukultur­wochen bei uns am Gelände kommen um die 40.000 Gäste im Jahr. Ottakringe­r ist die einzige börsenotie­rte Brauerei in Österreich. Wie viele der Anteile sind in Familienha­nd? Wie viel halten Sie?

Mehr als 90 Prozent. Ich halte davon rund 15 Prozent. In der Branche boomt vor allem die Craft-Bier-Szene. Ottakringe­r hat 2014 eine eigene Kreativbra­uerei gegründet. War die Marke Ottakringe­r zu uncool für Craft-Bier?

Nein, es geht darum, dass wir Neues ausprobier­en wollen und das geht schwerer mit jenen Mengen, die wir bei Ottakringe­r brauen. War das Manner-Bier ein Werbegag oder ein Geschäft?

Die Firma Manner ist ja unser Nachbar und wir haben seit jeher ein gutes Verhältnis. Es hat sich angeboten, etwas zusammen zu machen. Wie viel wir verkauft haben?! Ich weiß nicht genau. Alles, würd ich sagen. (lacht) Wo sehen Sie Wachstumsp­otenzial? Eher beim Bier oder beim Wasser?

In beiden Segmenten. Ich denke aber, dass die aktuelle Zuckerdisk­ussion dem Wasserbere­ich hilft. Da sind wir mit Vöslauer gut aufgestell­t. Sie wechseln Ende Juni in den Aufsichtsr­at. Wie viel Zeit werden sie noch im Unternehme­n verbringen?

Ich werde weiterhin beratend zur Seite stehen, wie oft ich gebraucht werde, werden meine Nachfolger sagen. Aber mir wird auch sonst nicht langweilig werden. Was haben Sie vor?

Reisen, in erster Linie in Europa. Und ich will mich der Literatur widmen, vor allem den Wiener Autoren von Arthur Schnitzler bis Josef Roth.

„Um gegen die Multis mit ihren Riesenbudg­ets zu bestehen, müssen wir Trends setzen.“

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