„Am liebsten möchte ich zu Hause bleiben“
Der weitere Ausbau der 24-Stunden-Betreuung kann die öffentlichen Budgets entlasten – und entspricht den Wünschen der Österreicher
Nacheinem bösen Sturz vor zwei Jahren“, sagt Herr R. (73), „brauche ich im Alltag Hilfe. Bisher kommt meine Tochter fast jeden Tag vorbei, aber das wird der Hannah langsam zu viel“. Daher hat Herr R., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, zunächst an eine 24-Stunden-Betreuung gedacht. Nachdem es aber seit Anfang des Jahres keinen Pflegeregress mehr gibt, will er sich jetzt um einen Heimplatz bemühen. „Es ist ja jetzt so“, sagt er, „dass meine Eigentumswohnung trotzdem der Hannah bleibt, wenn ich einmal nicht mehr bin. Da ist für mich klar, dass ich ins Heim gehe, obwohl ich eigentlich lieber zu Hause bleiben möchte“. Damit ist Herr R. nicht allein. Seit der österreichweiten Abschaffung des Pflegeregresses verzeichnen mehrere Bundesländer einen regelrechten Ansturm auf Heimplätze. Beispielsweise stieg in Wien der Bedarf zuletzt um über 30 Prozent, insgesamt rechnet die Stadt allein für 2018 mit ungeplanten Zusatzausgaben von weit über 100 Mio. Euro. „Da müssen die Alarmglocken läuten“, sagt dazu Harald G. Janisch, Obmann der Fachgruppe Personenberatung und -betreuung in der Wirtschaftskammer Wien. „Weil wir glücklicherweise immer älter werden, werden die Pflegeausgaben der öffentlichen Hand in den nächsten Jahren ohnehin rasant steigen. Damit sie nicht explodieren, braucht es für das Pflegesystem und seine Finanzierung zweifellos eine Gesamtlösung. Wie immer die aussehen wird – Bund und Länder sollten alles dafür tun, dass Betreuungs- und Pflegebedürftige so lange wie möglich zu Hause bleiben können. Das kann die öffentlichen Budgets spürbar entlasten“. Zahlen des niederösterreichischen Landesrechnungshofes belegen nämlich, dass ein Pflegeheimplatz 1.400 Euro pro Monat mehr kostet als die Förderung der 24-Stunden-Betreuung im eigenen Zuhause. Nachdem die Bundesregierung bereits eine Erhöhung der Budgets angekündigt hat, schlägt Janisch vor, dass in einem nächsten Schritt die Länder dem Bei- spiel des Burgenlands folgen und so schnell wie möglich eine zusätzliche Förderung für die 24-Stunden-Betreuung in den eigenen vier Wänden einführen. „Nicht nur Herr R.“, weiß Janisch, „sondern die allermeisten betreuungsbedürftigen Menschen möchten am liebsten zu Hause bleiben – wenn es sich finanziell ausgeht. Der weitere Ausbau der 24-Stunden- Betreuung würde daher nicht nur die Steuerzahler billiger kommen, sondern auch den Bedürfnissen Betroffener am besten entsprechen und pflegende Angehörige entlasten“.
„Eine bessere Förderung der 24-Stunden-Betreuung kommt allen zugute: Betroffenen, pflegenden Angehörigen, Betreuungskräften und nicht zuletzt den Steuerzahlern“. Harald G. Janisch Fachgruppenobmann