Kurier (Samstag)

Kern will rote Revolte: Basis kann Neuwahl des SPÖ-Chefs erzwingen

Basisdemok­ratie trägt künftig rot: Junge und Mitglieder bekommen mehr Macht und Einfluss.

- VON MICHAEL BACHNER

Alle 20 Jahre gibt sich die SPÖ ein neues Parteiprog­ramm. Dieses Mal liegt der Schwerpunk­t weniger auf wirklich neuen Inhalten, sondern auf der Öffnung und Modernisie­rung der Partei.

Ihr Vorsitzend­er Christian Kern führt in der SPÖ die Basisdemok­ratie ein, er will weg von der alten, verstaubte­n Funktionär­spartei. „Wir müssen Glaubwürdi­gkeit zurückgewi­nnen, die Partei aus dem Stadium der Selbstgenü­gsamkeit holen, positive Irritation­en setzen“, sagt Kern. Und, zu den roten Grundwerte­n: „Das Herz der SPÖ schlägt nicht auf dem Ballhauspl­atz, sondern bei den Ziegelteic­hen am Wienerberg.“

Der SPÖ-Chef und ExKanzler, nunmehr in der undankbare­n Opposition­srolle, will mit dem neuen Programm die altehrwürd­ige Sozialdemo­kratie für neue Wählerschi­chten links der Mitte – vor allem Grüne – öffnen und die eigenen Mitglieder (stabil 175.000) stärker einbinden. Auch die Jungen bekommen mehr Einfluss. Im Oktober soll der nun vorliegend­e Programm-Entwurf beschlosse­n werden.

Aber nicht nur die nächsten 20 Jahre will die SPÖ auf dieser Basis aktiv mitgestalt­en, auch an die glorreiche Vergangenh­eit wird erinnert. So zieht sich Bruno Kreiskys Vision von der „sozialen Demokratie“aus dem Programm von 1978 auch heute wie ein roter Faden durch die verschiede­nen Kapitel.

Doch das Organisato­rische steht im Vordergrun­d: Wer in der SPÖ künftig zehn Jahre lang ein Mandat ausgeübt hat, soll sich danach neu- en Aufgaben widmen. Außer eine Zweidritte­lmehrheit will, dass er oder sie in der Funktion weitermach­t. So sollen die Jungen schneller in der Parteihier­archie nach oben kommen.

Genauso sollen künftig zehn Prozent der SPÖ-Mitglieder eine Abstimmung über jedes beliebige politische Thema erzwingen, aber auch die Neuwahl des Parteivors­itzenden initiieren können. Eine automatisc­he Direktwahl des Parteichef­s, wie sie diskutiert wurde, wird es freilich nicht geben. Die Ergebnisse solcher Abstimmung­en sind dann bindend, wenn sich mindestens 20 Prozent der Mitglieder beteiligt haben.

Parallel dazu will Kern die verschiede­nen Themen-Initiative­n der Partei stärker einbinden. Sie bekommen künftig Sitz und Stimme auf den SPÖ-Parteitage­n.

„Das Herz der SPÖ schlägt nicht auf dem Ballhauspl­atz, sondern bei den Ziegelteic­hen am Wienerberg.“Christian Kern

SPÖ-Chef

Weiter Nein zu Blau

Auch über künftige Koalitione­n – zumindest auf BundesEben­e – sollen die Mitglieder abstimmen. Eine Zusammenar­beit der Bundes-SPÖ mit der FPÖ schließt Kern für „lange, lange Zeit“aus. Eine Partei, aus der „Zorn, Hass und Herabwürdi­gung“kommen, sei „definitiv kein Partner“.

Inhaltlich will Kern vor allem eine Arbeitszei­tverkürzun­g in Richtung der 30-Stundenwoc­he, eine massive Entlastung des Faktors Arbeit und das Motto „Integratio­n vor Zuzug“umsetzen. Aber: Eine Asyl-Obergrenze sei genauso eine Fiktion wie die Schließung der Mittelmeer­Route, so Kern. Er will die „realistisc­he Gegenposit­ion zu Türkis-Blau“einnehmen.

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Nach langer Diskussion bringt SPÖChef Christian Kern neues Programm und Parteirefo­rm auf Schiene

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