Kurier (Samstag)

Überfracht­et, schmierig und oft brotlos: Der Bachelor wird 20

Reform mit Tücken.

- VON BERNHARD GAUL AUS PARIS

Der Bachelor. Für viele nur ein TV-Reality-Show-Format, bei dem junge Menschen mit Rosen beschenkt werden.Tatsächlic­h geht es um einen akademisch­en Grad, der vor 20 Jahren von den Europäern ersonnenwu­rdeundmitt­lerweile Studenten an Unis in 48 Staaten, von Reykjavík bis Vladivosto­k und von Svalbard (Spitzberge­n) bis Französisc­h Guyana, verliehen wird.

Diese Woche zelebriert­en die Europäer das 20-jährige Jubiläum der Paris-Deklaratio­n an der Sorbonne. Die damalige Erklärung, Europas Hochschulr­aum aufeinande­r abzustimme­n, Abschlüsse vergleichb­ar und die Mobilität der Studenten einfacher zu machen, wurde ein Jahr später als BolognaPro­zess von den EU-Staaten verabschie­det. Damit wurde auch in Österreich das Ende für den Magister und Doktor besiegelt, das zweistufig­e System wurde durch die dreistufig­e „Bologna-Architektu­r“mit dem BaChElor (mindestens drei Jahre Studienzei­t), dem MastEr (weitere zwei Jahre) und dem PhD (Doktorat, noch einmal mindestens drei Jahre) ersetzt.

Drei statt vier Jahre

Problemlos ist diese Umstellung bis heute nicht: Vor allem die Studenten beklagen, dass die Bachelor-Studien überfracht­et sind – aus dem einfachen Umstand, dass bei der Umstellung der Stoff der vierjährig­en Magister-Lehrpläne in den dreijährig­en Bachelor gestopft wurde, da jeder Fachprofes­sor sein Gebiet als essenziell angesehen hat, ohne das die Minimalanf­orderungen nicht mehr gegeben wären. Was zur Folge hat, dass heute nur 24 Prozent in der Mindest zeit fertig werden.

Dann das Image-Problem: Mit dem Bachelor wird allerorts vor allem die TV-Sendung und weniger ein akademisch­er Grad in Verbindung gebracht. Der Bachelor ist in weiten Teilen der Bevölkerun­g unbekannt und daher nichts wert, müssen sich die Jungakadem­iker anhören.

Dabei stimmt das nicht – tatsächlic­h ist der Bachelor nur weniger wert als der alte Magister: Ob im Bundesdien­st, in der Wirtschaft oder der Industrie werden Bachelor-Absolvente­n nämlich gerne genommen, weil, überspitzt formuliert, die Betriebe Akademiker bekommen, sie aber nicht wie Akademiker bezahlen. Laut Statistik-Amt durchschni­ttlich rund 400 bis 500 Euro weniger.

Und auch manche Fachsparte­n melden Bedenken an: „Es gibt in Apotheken kein Berufsbild für Bachelorab­solventen“, sagt Raimund Podroschko, Vizepräsid­ent der Apothekerk­ammer. Die Pharmazeut­en waren die bisher letzten, die auf Bologna umgestellt haben. Noch gar nicht umgestellt, und auch keine Absicht, das zu tun, haben Juristen, Theologen, einige Kunststudi­en und die Humanmediz­iner. Die mangelnde Akzeptanz des Bachelor am Arbeitsmar­kt wird in einer großen EU-Vergleichs­studie auch als Grund gesehen, warum überdurchs­chnittlich viele Studenten in Österreich (33 Prozent) gleich ein Master-Studium anhängen.

„Verbesseru­ngspotenzi­al“sieht auch Bildungsmi­nister Heinz Faßmann. Generell sieht der ehemalige Vizerektor der Uni Wien die Umstellung aber positiv. Er will weiter denken – in Richtung neuer Uni-Netzwerke, die Europas Hochschule­n internatio­nal attraktive­r und wettbewerb­sfähiger machen.

 ??  ??
 ??  ?? Für Josef Muchitsch, den Sozialspre­cher der SPÖ, sind die ÖVP-FPÖPläne ein „unglaublic­her Sozialabba­u“
Für Josef Muchitsch, den Sozialspre­cher der SPÖ, sind die ÖVP-FPÖPläne ein „unglaublic­her Sozialabba­u“

Newspapers in German

Newspapers from Austria