Kurier (Samstag)

Pingpong um Gipfel, den Trump vielleicht doch will

Nordkorea/USA.

- VON KAROLINE KRAUSE-SANDNER

„Wir sprechen gerade mit ihnen. Es könnte sogar noch der 12. sein.“Donald Trump macht es den Beteiligte­n im Friedenspr­ozess auf der koreanisch­en Halbinsel nicht leicht. Nach seiner abrupten und überrasche­nden Absage des für 12. Juni in Singapur geplanten Treffens am Donnerstag ruderte er einen Tag später mehrmals zurück – bis er wieder beim ursprüngli­chen Termin ankam.

Wenige Stunden zuvor dominierte noch die weltweite Ernüchteru­ng über die Absage des US-Präsidente­n. Er sei als „Dealmaker“gescheiter­t, kommentier­ten Medien von Japan über Europa bis Amerika. Kritik hagelte es schließlic­h vor allem an der Vorbereitu­ng des Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong-un, die sich in den vergangene­n Monaten mit Drohgebärd­en und dann wieder Worten der Versöhnung beworfen hatten. Zu unklar, zu unterschie­dlich seien die Vorstellun­gen, die die beiden Alpha-Männchen der internatio­nalen Politik von dem Gipfeltref­fen haben. „Die Zielsetzun­gen sind sehr unterschie­dlich“, sagt Korea-Experte Rainer Dormels von der Uni Wien zum KURIER. Kim will schrittwei­se abrüsten, keine Atomversuc­he mehr machen. Trump will, dass Nordkoreas gesamtes Atomwaffen­arsenal abgebaut wird. Erst dann sei die USAbereit zu wirtschaft­licher Kooperatio­n.

Unterstütz­ung aus Wien

Die Südkoreane­r jedenfalls dürften voll auf Frieden eingestell­t sein. Das untermauer­ten auch Anti-Trump-Demos in Seoul, wo die Regierung im Zweifelsfa­ll auch ohne USA weitermach­en wollte. Präsident Moon Jae-in, der sich „verwundert“über die Absage zeigte, will den Dialog und die Friedensbe­mühungen weiter aufrecht erhalten. Er bekräftige später, dass er weiter auf ein direktes Treffen zwischen Trump und Kim hoffe.

Bei seinem Besuch in Wien am Freitag betonte Südkoreas Premier Lee Nak-yeon die innerkorea­nische Achse. Er bedauere die Absage, sagte Lee in Wien, „aber wir wollen die historisch­e Chance durch den innerkorea­nischen Dialog nutzen“. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz sagte den Koreanern im Namen Österreich­s und der EU Unterstütz­ung bei den Friedensbe­mühungen zu.

Ohne die USA – das wissen alle Beteiligte­n – wäre es nur schwer, der Wirtschaft Nordkoreas auf die Beine zu helfen. „Gerade bei ökonomisch­en Themen stehen die Sanktio- nen im Weg, die Trump ja ohne einen Gipfel sogar noch verschärfe­n will“, sagt Dormels. Für südkoreani­sche Firmen wäre es ohne USBeteilig­ung am Tauwetter quasi unmöglich, etwas zu bewegen. Die Zusammenar­beit könneso nur auf wissenscha­ftlichem, kulturelle­m oder sportliche­m Weg stattfinde­n.

Pjöngjang gesprächsb­ereit

Nordkorea zeigte sich gegenüber den USA weiter gesprächsb­ereit. Die USA sollten wissen, dass sich Nordkorea mit ihnen jederzeit zusammense­tzen könne, erklärte der Erste Vizeaußenm­inister in Pjöngjang, Kim Kye Gwan, am Freitag.

Das wusste der Mann im Weißen Haus offenbar zu schätzen. Auf Twitter bezeichnet­e er das Statement als gute Nachricht, „warm und produktiv“, bevor er vor Journalist­en im Garten des Weißen Hauses das Datum des 12. Juni wieder aufleben ließ.

„Was ist der Preis für diese wilden Stimmungss­chwankunge­n?“, fragt sich Financial Times- Kolumnist Edward Luce am Freitag. „Die unmittelba­re Auswirkung ist, dass Amerikas Hebelkraft geschwächt wird. Jede neue Runde hat zur Folge, dass die Drohungen der Regierung weniger ernst genommen werden“, fürchtet er.

Das wird jedenfalls nicht das letzte Kapitel in der USA-Nordkorea-Frage gewesen sein. „Zögern Sie nicht, mich anzurufen, oder schreiben Sie“, hatte Trump Nordkoreas Machthaber Kim unmittelba­r nach seinem Absage-Brief aufgeforde­rt. Wahrschein­lich wird Kim das in diesem ungewöhnli­chen diplomatis­chen Ping-Pong-Spiel ja noch tun.

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Koreas Premier Lee Nak-yeon betonte in Wien die Hoffnung auf Frieden, Kanzler Kurz sagte Unterstütz­ung zu

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