Sanktionen: Ausweg gesucht
Weg frei für 17 Projekte heimischer Firmen im Wert von 820 Mio. Euro
Mitte Mai stand es in der Duma Spitz auf Knopf. In der zweiten und endgültigen Lesung sollte ein Gesetz verabschiedet werden, das russische Mitarbeiter von ausländischen Firmen massiv in ihrer Arbeit eingeschränkt bzw. diese sogar unmöglich gemacht hätte. Konkret hätten nach dem Gesetzesvorschlag Arbeitnehmer in Russland, die für Unternehmen tätig sind, die die Sanktionen des Westens einhalten, mit einer Geldbuße von bis zu 8000 Euro bzw. einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren bestraft werden können.
In letzter Sekunde habe der Beschluss gestoppt werden können, sagt Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck. „Vorläufig“, wie sie betont. Geholfen habe der Besuch von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, aber auch Österreichs Initiative.
Die Sanktionen sind nach wie vor dominierendes Thema in den Beziehungen zwischen Russland und Österreich. Bei einem Besuch in St. Petersburg, anlässlich der Verlängerung eines Abkommens zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, betonte Schramböck, dass von Russland direkt 40.000 Jobs in Österreich abhängen. Ein Aufweichen oder gar Ende der Sanktionen sieht sie derzeit nicht am Horizont. „Dazu müsste sich jemand bewegen, aber das erkenne ich derzeit nicht.“Eventuell würden sich durch die drohenden Handelsbarrieren der USA Möglichkeiten ergeben.
„Wir sind dankbar“
Darauf hofft auch Russlands Vizepremier Dmitrij Kozak. „Wir sind Österreich für seine eigenständige und ausgewogene Position dankbar“, sagte er. Russland sorge dafür, dass die Bedingungen für Österreichs Firmen im Land besser würden. „Wir rechnen Österreich hoch an, dass kein Unternehmen das Land verlassen hat. Die Investitionen steigen beachtlich.“28 Investitionsprojekte sind laut Schramböck in Planung, davon sind 17 mit 820 Millionen Euro im neuen Investitionsabkom- men enthalten. Dazu zählen Projekte von Skidata, OMV, AVL List oder Frequentis.
Österreichs Unternehmen sind primär in Russlands europäischem Teil vertreten. Die Wirtschaftskammer möchte verstärkt andere Landesteile beackern, sagte der Wirtschaftsdelegierte vor Ort, Rudolf Lukavsky. Die Sanktionen hätten Russland nicht in die Knie zwingen können – „der Notstand ist nie ausgebrochen, sie haben sich andere Partner gesucht“. Er nennt als Beispiele Serbien oder Aserbaidschan als Fleischlieferanten. Zudem werde lokale Produktion aufgebaut. „Mozzarella wird nun mit italienischen Rezepten und Maschinen im Land erzeugt.“Österreichs Lebensmittelhersteller würden jährlich 100 Mio. Euro wegen der Sanktionen verlieren. „Das Selbstbewusstsein der Russen steigt, was ihre Produkte betrifft.“
Mehrere EU-Länder stellen die Verlängerung der Sanktionen nach 31. Juli infrage. Beim Juni-Gipfel werden „harte Diskussionen“erwartet. Die Verlängerung kann nur einstimmig beschlossen werden. Als kritisch gelten neben Österreich Italien, Griechenland, Ungarn und Bulgarien.
Die Reise erfolgte auf Einladung des Wirtschaftsministeriums.