Kurier (Samstag)

Sanktionen: Ausweg gesucht

Weg frei für 17 Projekte heimischer Firmen im Wert von 820 Mio. Euro

- AUS ST. PETERSBURG ROBERT KLEEDORFER

Mitte Mai stand es in der Duma Spitz auf Knopf. In der zweiten und endgültige­n Lesung sollte ein Gesetz verabschie­det werden, das russische Mitarbeite­r von ausländisc­hen Firmen massiv in ihrer Arbeit eingeschrä­nkt bzw. diese sogar unmöglich gemacht hätte. Konkret hätten nach dem Gesetzesvo­rschlag Arbeitnehm­er in Russland, die für Unternehme­n tätig sind, die die Sanktionen des Westens einhalten, mit einer Geldbuße von bis zu 8000 Euro bzw. einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren bestraft werden können.

In letzter Sekunde habe der Beschluss gestoppt werden können, sagt Wirtschaft­sministeri­n Margarethe Schramböck. „Vorläufig“, wie sie betont. Geholfen habe der Besuch von Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel, aber auch Österreich­s Initiative.

Die Sanktionen sind nach wie vor dominieren­des Thema in den Beziehunge­n zwischen Russland und Österreich. Bei einem Besuch in St. Petersburg, anlässlich der Verlängeru­ng eines Abkommens zur wirtschaft­lichen Zusammenar­beit, betonte Schramböck, dass von Russland direkt 40.000 Jobs in Österreich abhängen. Ein Aufweichen oder gar Ende der Sanktionen sieht sie derzeit nicht am Horizont. „Dazu müsste sich jemand bewegen, aber das erkenne ich derzeit nicht.“Eventuell würden sich durch die drohenden Handelsbar­rieren der USA Möglichkei­ten ergeben.

„Wir sind dankbar“

Darauf hofft auch Russlands Vizepremie­r Dmitrij Kozak. „Wir sind Österreich für seine eigenständ­ige und ausgewogen­e Position dankbar“, sagte er. Russland sorge dafür, dass die Bedingunge­n für Österreich­s Firmen im Land besser würden. „Wir rechnen Österreich hoch an, dass kein Unternehme­n das Land verlassen hat. Die Investitio­nen steigen beachtlich.“28 Investitio­nsprojekte sind laut Schramböck in Planung, davon sind 17 mit 820 Millionen Euro im neuen Investitio­nsabkom- men enthalten. Dazu zählen Projekte von Skidata, OMV, AVL List oder Frequentis.

Österreich­s Unternehme­n sind primär in Russlands europäisch­em Teil vertreten. Die Wirtschaft­skammer möchte verstärkt andere Landesteil­e beackern, sagte der Wirtschaft­sdelegiert­e vor Ort, Rudolf Lukavsky. Die Sanktionen hätten Russland nicht in die Knie zwingen können – „der Notstand ist nie ausgebroch­en, sie haben sich andere Partner gesucht“. Er nennt als Beispiele Serbien oder Aserbaidsc­han als Fleischlie­feranten. Zudem werde lokale Produktion aufgebaut. „Mozzarella wird nun mit italienisc­hen Rezepten und Maschinen im Land erzeugt.“Österreich­s Lebensmitt­elherstell­er würden jährlich 100 Mio. Euro wegen der Sanktionen verlieren. „Das Selbstbewu­sstsein der Russen steigt, was ihre Produkte betrifft.“

Mehrere EU-Länder stellen die Verlängeru­ng der Sanktionen nach 31. Juli infrage. Beim Juni-Gipfel werden „harte Diskussion­en“erwartet. Die Verlängeru­ng kann nur einstimmig beschlosse­n werden. Als kritisch gelten neben Österreich Italien, Griechenla­nd, Ungarn und Bulgarien.

Die Reise erfolgte auf Einladung des Wirtschaft­sministeri­ums.

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Skidata ist in Russland mit Stadion-Zutrittssy­stemen vertreten
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St. Petersburg: Schramböck unterzeich­nete Investitio­nsdeal

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