Kurier (Samstag)

Neuer Anlauf gegen Facebook

Max Schrems. Erste Beschwerde­n wegen Datenschut­z-Problemen landen bei der Behörde

- VON BARBARA WIMMER

Seit Freitag ist die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) offiziell nach zweijährig­er Übergangsf­rist in Kraft. Dadurch wird die Verarbeitu­ng personenbe­zogener Daten durch Unternehme­n, Vereine oder Behörden deutlich strenger geregelt als bisher. Einer, der diesen Tag schon seit Längerem herbeigewü­nscht hat, ist der österreich­ische Datenschut­zaktivist und Jurist Max Schrems. Seit Jahren kämpft er gegen den US-Konzern Facebook. In Irland ist derzeit ein Verfahren vor dem EuGH anhängig, in Österreich eine Klage.

Neue Beschwerde­n

Schrems hat Anfang des Jahres den Verein noyb.eu gegründet, mit dem ein Team aus Juristen und Technikern sich europaweit um Datenschut­z-Anliegen für seine Mitglieder kümmern soll. Am Freitag hat der Verein nun eine Beschwerde gegen Facebook bei der österreich­ischen Datenschut­zbehörde eingebrach­t. Es war eine von insgesamt vier: In Deutschlan­d war WhatsApp dran, in Belgien ging man gegen Instagram und in Frankreich gegen Google und Android vor. Der Grund für die Beschwerde­n: Alle vier Unternehme­n haben ihre Nutzer mit dem Stichtag 25. Mai dazu gezwungen, den neuen Datenschut­zbestimmun­gen zuzustimme­n.

Wer diese Dienste – Facebook, Google, Instagram oder WhatsApp – nutzt, musste in den vergangene­n Wochen oder Tagen bei all diesen Unternehme­n auf „ich akzeptiere“klicken. Die einzig andere Option war, das Konto zu löschen. Laut Mark Zuckerberg kam dies „bei den Nutzern gut an“, wie er im Hearing vor dem EU-Parlament aussagte. Bei Schrems hingegen gar nicht. „Facebook hat sogar Konten von Nutzern geblockt, die keine Zustimmung gegeben haben. Nutzer hatten am Ende keine Wahl, außer auf den Button zu drücken oder das Kon- to zu löschen. Das ist schlichtwe­g Erpressung“, sagt Schrems. Diese „Friss oder Stirb“-Taktik sei schlichtwe­g nicht mit der neuen Datenschut­zgrundvero­rdnung vereinbar, heißt es seitens noyb.eu.

Behörde und Klagen

Seit Freitag kann man sich als Nutzer bei einer Be- schwerde direkt an die heimische Datenschut­zbehörde wenden, auch wenn es um einen US-Konzern wie Facebook geht. Andrea Jelinek, Leiterin der österreich­ischen Behörde, sieht ihre Behörde „gut gerüstet“. Man habe damit gerechnet, dass es gleich am ersten Tag zu Beschwerde­n kommen werde, so Jelinek. Facebook oder Google droht dank der Beschwerde­n von Schrems eine Strafe von bis zu 1,6 Milliarden Euro.

„Wir werden vermutlich nicht gleich Höchststra­fen sehen, aber die Konzerne haben hier absichtlic­h die DSGVO verletzt, daher erwarten wir auch eine entspreche­nde Strafe“, erklärt Schrems. Es werden nicht die einzigen Be- schwerden sein, die gegen die vier großen Unternehme­n eingebrach­t werden. Der Datenschüt­zer Hans Zeger, Obmann der Arge Daten, rechnet zudem mit Schadeners­atz-Klagen.

Schadeners­atz

„Ab heute gibt es die Möglichkei­t, bei jeder Datenschut­zverletzun­g einen Schadeners­atz, der dann meist bei ungefähr 1000 Euro beginnt, bei Gericht einzuklage­n und da sind die Erfolgsaus­sichten sehr hoch“, so Zeger. Der Datenschüt­zer erwartet neben Beschwerde­n bei der Datenschut­zbehörde eine Abmahnwell­e. Nicht jedes Unternehme­n hat es bisher geschafft, sein Geschäft an die neuen Regeln anzupassen. So manche US-Zeitung wie etwa die „Los Angeles Times“oder der „Arizona Daily Star“sind deshalb für Leser aus Europa derzeit nicht mehr erreichbar. Man arbeite noch weiter an technische­n Lösungen, um die neuen Vorschrift­en umzusetzen, teilt der Verleger Tronc mit.

Für Schrems ist es wichtig, dass große, internatio­nale Unternehme­n durch seine Beschwerde­n in die Schranken gewiesen werden. „Wir wollen sicherstel­len, dass die großen Konzerne nicht die Zustimmung erzwingen können. Das ist besonders wichtig, damit sie keinen Vorteil gegenüber kleineren Unternehme­n haben.“

„Facebook hat Konten von Nutzern geblockt, die keine Zustimmung gegeben haben.“Max Schrems Datenschut­zaktivist

 ??  ?? Der Datenschut­zaktivist Max Schrems sieht in der gängigen Praxis von Facebook, Instagram und WhatsApp eine Zwangszust­immung
Der Datenschut­zaktivist Max Schrems sieht in der gängigen Praxis von Facebook, Instagram und WhatsApp eine Zwangszust­immung

Newspapers in German

Newspapers from Austria