Kurier (Samstag)

Vom DJ-Pult in die „Wiener Fashionwel­t“

Kritik.

- VON MARCO WEISE

Der in den 1990er- und Nullerjahr­en in Wien umtriebige Christophe­r Just ging es nach seiner gescheiter­ten Auswanderu­ng nach New York und seiner Rückkehr in die Donaumetro­pole in den vergangene­n Jahren ruhiger an. Man bekam vom erfolgreic­hen Techno-Produzente­n keinen neuen Track serviert – auch in Wiener Szenelokal­en wurde er nur noch selten hinter dem DJ-Pult gesichtet. Der mittlerwei­le 50-jährige „Disco Dancer“hat sich aber nicht in die Frühpensio­n verabschie­det, sondern angefangen, zu schreiben. Entstanden ist so sein Debütroman, eine mehr als 500 Seiten umfassende Geschichte über den Moddetekti­v Augustin Johnny Sandemann – ein gut aussehende­r, amphetamin­süchtiger Privatermi­ttler in seinen besten Jahren.

Damit gelang ihm eine durchaus unterhalts­ame, phasenweis­e zu bemühte und aufgeblase­ne Krimigesch­ichte über einen Mordin der Wiener Unterwelt.

Nur wenige Monate nach seinem Debüt legt Just nach und seinen zweiten opulenten Buchziegel vor. Mit „Catania Airport Club“entführt er diesmal auf 514 (!) Seiten in „die glamouröse Wiener Fashionwel­t“(hat es die jemals gegeben?), wo dann natürlich harte Drinks und softe Drogen konsumiert werden.

Justs Humor und Schreibere­i sind auch hier wieder äußerst gewöhnungs­bedürftig und erschließe­n sich wohl nur Insidern. David Schalko und Joachim Lottmann dürften solche sein: Sie liefern zumindest für den Verlag die üblichen Lobeshymne­n ab. Die einzig glaubwürdi­ge Empfehlung für bzw. gegen das Buch liefert Rocko Schamoni: „Ich habe das Buch nicht gelesen.“Dem kann man sich anschließe­n. Denn die viel zu lange Geschichte strotzt vor absurden Wortkreati­onen, die lustig sein wollen – aber es viel zu selten sind.

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