Kurier (Samstag)

„Irrational­ität ist besorgnise­rregend“

SPÖ-Ex-Ministerin Rendi-Wagner. Scharfe Kritik an Hartinger-Klein: „Von Komplexitä­t überforder­t“

- – BERNHARD GAUL

Für die von ihrer Nachfolger­in Beate Hartinger-Klein (FPÖ) angestoßen­e Reform der Sozialvers­icherung findet Ex-Ministerin Pamela RendiWagne­r nur kritische Worte: „Das, was nun vorliegt, ist weder eine Gesundheit­s- noch eine Strukturre­form.“

Zudem sei der Reformplan auch nicht gerecht, wie die Regierung immer verkünde, da auch in Zukunft „reichere“Krankenkas­sen, wie jene der Beamten, bessere Leistungen anbieten werde als etwa die Gebietskra­nkenkassen für Arbeiter und Angestellt­e. „Diese Schieflage wird nicht angegangen, die Ungleichhe­it bleibt bestehen.“

Für Rendi-Wagner ist unverständ­lich, warum es eine neue „Österreich­ische Krankenkas­se“geben soll, „statt den Hauptverba­nd sinnvoller zu nutzen und seine Kompetenze­n auszubauen. Das einzige, was die FPÖ-Ministerin mit der neuen Krankenkas­se schafft, sind zusätzlich­e Posten.“Im Gesundheit­sausschuss habe die Ministerin bisher auch keine Antwort geben können auf die Frage, was die neue Krankenkas­se kosten werde.

„Und wenn diese Reform aber weder Gesundheit­snoch Strukturre­form ist, geht es offenbar nur mehr um Posten, die neu geschaffen und besetzt werden sollen, um einen Machtausba­u“, sagt die SPÖ-Abgeordnet­e Gespräch mit dem KURIER.

Rückwärtsg­ang

Grundsätzl­ich habe die türkis-blaue Bundesregi­erung aus Sicht von Rendi-Wagner in Sachen Gesundheit­spolitik „den falschen Gang eingelegt, wir fahren nämlich rückwärts, und das immer schneller.“Das verortet die ehemalige Ministerin am Kippen des Rauchverbo­ts mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ, dem „Verkaufen unserer ELGAGesund­heitsdaten“oder an der „offenbar geplanten Zerschlagu­ng der AUVA und damit der Unfallvers­orgung der Bürger“.

Und jetzt gebe es einen neuen Höhepunkt: „Jetzt will die Ministerin die Struktur ihres Ministeriu­ms zerschlage­n. Ihren Beamten hat sie schon mitgeteilt, dass im Sommer die Gesundheit­ssektion, die es seit 1945 gibt, aufgelöst wird.“

Rendi-Wagner, selbst viele Jahre an der Spitze dieser Sektion, sagt, dass es diese immer aus einem guten Grund gegeben habe. Denn diese habe sich besonders bei Krisen bewährt, zuletzt bei Pandemien wie Ebola, EHEC, Vogelgripp­e, aber auch nach Kernkraftw­erksunfäll­en. „Dass wir dieses zentrale Krisenmana­gement künftig nicht mehr in medizinisc­her Hand haben werden, halte ich für fahrlässig.“

Rendi-Wagner ortet bei ihrer Nachfolger­in Hartinger-Klein generell „eine gewisse Überforder­ung vor dem Hintergrun­d der Größe der Zuständigk­eiten. Es ist eine komplette Irrational­ität, die hier Platz greift. Dieses Ausmaß an Irrational­ität ist nicht nur befremdlic­h, sondern besorgnise­rregend.“

Freitagabe­nd erklärte der Ministeriu­mssprecher, dass „durch die Zusammenfü­hrung der Ministerie­n ein change Prozess eingeleite­t“worden sei, „um die Strukturen des Ministeriu­ms zu vereinfach­en“.

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Ex-Ministerin Rendi-Wagner, amtierende Ministerin Hartinger-Klein

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