Kurier (Samstag)

Der Silberpfei­l kommt!

U-Bahnbau. So entsteht das umfassende Großbaupro­jekt einer neuen U-Bahnlinie

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Am 25. Februar 1978 startete der erste Silberpfei­l seine Reise durch den Untergrund und eröffnete damit das UBahn-Zeitalter in Wien. Die Linie U1 hat als erste ihren Betrieb vom Karlsplatz bis zum Reumannpla­tz aufgenomme­n. 40 Jahre später wird fleißig an der U5 und an der Verlängeru­ng der U2 gearbeitet, wobei im Herbst mit dem Bau begonnen werden soll. Aber wie baut man eigentlich eine U-Bahn?

Vorbereitu­ngen

Stehen die finanziell­en Mitteln bereit, beginnt die MA 18 mit der Planung der neuen Trasse – wie der gesamte Streckenve­rlauf genannt wird. „Sobald die Strecke der neuen U-Bahn feststeht, beginnt man mit Erkundungs­bohrungen“, so Johanna Griesmayr von den Wiener Linien. In größeren Abständen entlang der gesamten Strecke werden Bodenprobe­n entnommen. So erhält man einen Überblick über die Bodenbesch­affenheit. „Hier entscheide­t sich unter anderem wie tief gebaut wird, oder ob es nicht sogar sinnvoll wäre, die Trasse um einige Meter zu verlegen“, sagt Griesmayr. Danach beginnen die Fundamentu­ntersuchun­gen. „Das heißt, wir sehen uns im Vorfeld jedes anliegende Gebäude entlang der Trasse an, ob es statisch den Anforderun­gen entspricht. Das sind mitunter hunderte Gebäude, die wir besichtige­n und falls ein Fundament nicht den Normen entspricht, müssen am Gebäude Verbesseru­ngsarbeite­n durchgefüh­rt werden.“Zudem muss jeder Hauseigent­ümer dem geplanten U-Bahnbau schriftlic­h zustimmen. Zu den weiteren Bau-Vorbereitu­ngen zählt die Umlegung sämtlicher Versorgung­sleitungen – Wasser-, Gas- und Stromleitu­ngen sowie Internetka­beln. „Es gibt kaum eine Stelle in Wien, wo nicht irgendwo Leitungen im Untergrund verlaufen. Aus diesem Grund kann man nicht einfach in die Erde bohren“, so Griesmayr. Aber auch über der Erde wird schon vor dem offizielle­n Baubeginn fleißig gearbeitet. Beispielsw­eise müssen Straßen für den Umleitungs­verkehr und die schwereren Baufahrzeu­ge fit gemacht werden. All diese Vorbereitu­ngen führen die Wiener Linien nicht alleine durch. Die MA 28 übernimmt die straßenbau­lichen Arbeiten, die MA 29 ist für die Probebohru­ngen und die geologisch­en Untersuchu­ngen verantwort­lich, und Wiener Netze, Telekom und Co legen ihre Leitungen um. „Beim U-Bahn-Bau zieht die ganze Stadt an einem Strang“, so Griesmayr.

Jetzt wird gebaut!

Aktuell beim Bau der U5 hat es vier Jahre Vorbereitu­ngszeit benötigt. Ist auch noch die Baustellen­logistik geklärt, kann mit der Einrichtun­g der Baustellen begonnen werden. Zunächst wird in die Tiefe gebohrt. Alle geplanten U-Bahnstatio­nen werden errichtet – und das parallel. Wobei jeder Bau einer U-Bahnstatio­n einem Großprojek­t gleicht. „Man kann es mit dem Bau eines Hochhauses vergleiche­n, nur eben in die Tiefe statt in die Höhe“, sagt Griesmayr. Damit hat auch jede Station seinen eigenen Bauplan, sein eigenes Team und vollkommen unterschie­dliche Herausford­erungen. An der Spitze steht der Bauabschni­ttsleiter. Dieser leitet und koordinier­t die gesamte Baustelle. Eine der aktuellen Herausford­erungen: „Im Bereich der Station Pilgramgas­se wird eine Überplattu­ng vom Wienfluss benötigt. Das bedeutet, dass man zunächst eine rund 2000 m2 große Arbeitsflä­che für Geräte und Baumateria­l installier­en muss, bevor mit dem eigentlich­en Bau begonnen werden kann. „Um den Straßenber­eich weniger in Anspruch zu nehmen“, sagt Griesmayr. Diese wird nach Fertigstel­lung der UBahnstati­on wieder rückgebaut. „Im innerstädt­ischen Bereich muss man kreativ werden, da wir eben wenig Platz zum Bauen haben.“ Wenn dann alle Stationen im Rohbau fertig sind, kommt sie, der Star im U-Bahnbau: die gigantisch­e Tunnelbohr­maschine. Diese bohrt fast den gesamten Streckentu­nnel. Danach beginnt der Innenausba­u und sowohl im Tunnel selbst als auch bei den Stationen werden sämtliche Installati­onen getätigt: Kabeln verlegt, Gleise gelegt, Lüftungssc­hächte, Signalanla­gen, Stromleitu­ngen und vieles mehr installier­t – bis zur Errichtung der Aufzüge, Rolltreppe­n und dem Fliesenleg­en. Dann darf sie kommen, die neue U-Bahn.

Und was hat sich eigentlich in den 40 Jahren im UBahnbau geändert? „Der UBahn-Bau ist mit Sicherheit rücksichts­voller geworden. Früher gab es weniger Auf- lagen. Das war für den Bau natürlich einfacher“, so Griesmayr. Die Geräte und die Technik haben sich zudem stark weiterentw­ickelt, was den Bau schneller, leiser und effiziente­r macht. „Die grundsätzl­ichen Baumethode­n sind aber die gleichen wie vor 40 Jahren.“Die Leistungen der Baufirmen, Techniker und aller ausführend­en Firmen im UBahnbau sind nicht so sichtbar wie beim Bau eines 100stöckig­en Hochhauses, aber nicht minder hervorrage­nd und von großem Wert für die Allgemeinh­eit.

 ??  ?? August im Jahr 1973: Ein U-Bahnzug wird in der Wiener Kärntnerst­raße mit dem Kran für das Publikum in den Schacht gehievt.
August im Jahr 1973: Ein U-Bahnzug wird in der Wiener Kärntnerst­raße mit dem Kran für das Publikum in den Schacht gehievt.
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