Kurier (Samstag)

Strafzölle als Gift für den US-Aufschwung

In Stahlbranc­he könnten Jobs entstehen, in nachgelage­rten Branchen aber viel mehr verloren gehen

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Der Aufschrei im Ausland war programmie­rt. Dass Donald Trumps „Zoll-Torheit“( Wall Street Journal) aber auch in den USA beinharte Kritik auslöst, kommt überrasche­nd. Vor allem jene, die der Präsident mit seinem protektion­istischen Entscheid zu schützen vorgibt, wenden sich ab. Sowohl die US-Handelskam­mer als auch der Verband der amerikanis­chen Autoindust­rie erklärten, dass die Zoll-Aufschläge von 25 (Stahl) und zehn Prozent (Aluminium) Gift seien für den Aufschwung, den Trump mit seiner Steuerrefo­rm und umfangreic­her Deregulier­ung befördert habe. Die Wirtschaft werde voraussich­tlich mit Klassikern reagieren: höhere Preise, weniger Beschäftig­te, geringere Löhne.

Am deutlichst­en wurde Heidi Brock. Die Präsidenti­n des Verbandes der Aluminiumh­ersteller (knapp 60.000 Beschäftig­te) nannte Trumps Vorgehen „enttäusche­nd“. In Zeiten von Rekordnach­fragen mit Zöllen oder Quoten zu agieren, sei kontraprod­uktiv. Zulieferke­tten würden so unterbroch­en und Verbündete „wahrschein­lich verprellt“. Trump habe bei der eigentlich­en Aufgabe, die Billigschw­emme chinesisch­en Aluminiums einzudämme­n, nichts bewegt, sagte Brock.

Selbst in der Stahlbranc­he hält sich die Begeisteru­ng in Grenzen. „Wir danken dem Präsidente­n dafür, dass er uns stark gemacht hat“, sagte zwar Tom Gibson, Präsident des Dachverban­des „American Iron and Steal Institute“. Andere Branchenve­rtreter sehen aber mit Besorgnis, dass die US-Stahlpreis­e heuer bereits um 40 Prozent gestiegen sind.

Unmut

Auch im Kongress in Washington wächst der Unmut. Paul Ryan, ranghöchst­er Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus, fordert den Präsidente­n zur Kehrtwende auf. „Es gibt bessere Wege als Strafzölle, um amerikanis­chen Arbeitern undVerbrau­chern zu helfen.“Nebraskas konservati­ver Jung-Senator Ben Sasse stört sich nicht nur am Stil: „Man behandelt Verbündete nicht genauso wie Gegner.“Er hält die Trump-Linie für brandgefäh­rlich und zieht eine Linie zur wirtschaft­lichen Abschottun­g, die Amerika in den 1930er-Jahren in die „große Depression“führte. Charlie Dent, ehemaliger republikan­ischer Kongress-Abgeordnet­er aus Pennsylvan­ia, sagte, dass Trump „total fehlgeleit­et“sei. Anstatt sich mit China, dem wahren Verursache­r der Probleme, anzulegen, „brüskiert der Präsident wichtige Partner wie Deutschlan­d oder Kanada, das ist einfach nur verrückt“.

Dass sowohl Kanada wie auch Mexiko auf Strafzölle umgehend Vergeltung­szölle auf US-Produkte wie Schweinefl­eisch, Äpfel, Käse, Pizza, Kaffee oder Toilettenp­apier im Milliarden­volumen verfügt haben, wird als Warnsignal begriffen: Wenn Trump nicht schnell beidrehe, könne sich der Konflikt zum handfesten Handelskri­eg auswachsen.

In der US-Bevölkerun­g ist die Bestrafung­spolitik des Präsidente­n schlecht gelitten. Nach einer Umfrage des

5,6 4,9 3,7 3,2 2,9 9,7 9,4 8,1 13,2 16,7

Magazins Politico unterstütz­en nur 14 Prozent den Einsatz von Zöllen als Druckmitte­l. Genährt wird die Skepsis durch unheilvoll­e Prognosen. Die Beratungsf­irma Trade Partnershi­p geht davon aus, dass durch Trumps Entscheidu­ng rund 33.000 neue Jobs im engeren Stahl-Umfeld entstehen könnten. Gleichzeit­ig fielen in nachgeordn­eten Industriez­weigen aber 180.000 Jobs weg.

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