Kurier (Samstag)

„Zuerst kommt der Hund, dann ich“

Haus St. Josef. Im Caritaswoh­nheim für Obdachlose und ihre Haustiere werden dringend Spenden benötigt

- VON JULIA SCHRENK

Es ist nur ein kleines Zimmer – mit Bett, Kasten, einem Tisch und einer Schüssel Hundefutte­r auf dem Boden. Seit 14. Februar – Valentinst­ag – lebt Claudia (48) mit ihrer Hündin Jessy in diesem Zimmer im Haus St. Josef der Caritas. An das Datum kann sie sich noch genau erinnern. „Statt der Liebe habe ich eine Unterkunft bekommen“, sagt Claudia.

Zwei Jahre hat die 48-Jährige vorher auf der Straße gelebt – in Parks geschlafen oder unter Brücken. „Die Leute haben uns überfallen, die Ratten haben uns angebissen“, erzählt Claudia. Eineinhalb Jahre musste sie auf den Platz im Haus St. Josef warten.

Das Übergangsw­ohnheim für Obdachlose in der Bernardgas­se in Wien-Neubau ist eines von nur dreien in Wien, in das Tiere mitgebrach­t werden dürfen. Derzeit leben dort 40 Personen – davon 15 Frauen – mit 19 Hunden, sechs Katzen und Fischen in einem Aquarium. Der laufende Betrieb wird durch Spenden finanziert, damit der aufrecht erhalten werden kann, braucht die Caritas für dieses Jahr noch 150.000 Euro.

„Die Tiere geben Tagesstruk­tur“, sagt Anita Scherzer, Leiterin des Wohnhauses. Drei Mal pro Tag müssen die Bewohner etwa mit ihren Hunden Gassi gehen. Das wird auch protokolli­ert. „Außerdem haben die Tiere oft eine therapeuti­sche Wirkung“, sagt Scherzer. Die meisten Hausbewohn­er hatten ihre Tiere auch schon, als sie noch auf der Straßen lebten. Gerade deshalb wollten viele ihre Tiere, meistens Hunde, auch dann behalten, wenn sie in ein Wohnheim ziehen. „Sie haben mit ihnen gemeinsam viel durchgemac­ht“, sagt Scherzer.

Fleisch und Reis

Das war auch bei Sabrina (31) so. „Hergeben kommt für mich nicht infrage. Das wäre für mich der Untergang“, sagt die 31-Jährige. „Das Rausgehen, die frische Luft, das tut mir gut“, erzählt sie. Von dem Geld, das ihr monatlich übrig bleibt, kauft Sabrina etwas zu essen. Frisches Fleisch für ihren JackRussel-Terrier Percy Jackson, Uncle-Ben’s-Reis für sie. „Ich schau zuerst, dass er was hat, dann ich. Ich hab eh nicht so viel Hunger“, erzählt die 31-Jährige. Claudia macht es genauso: „Zuerst kommt der Hund, dann ich“, sagt sie.

Im Übergangsw­ohnheim werden die Bewohner darauf vorbereite­t, wieder selbststän­dig zu leben. So- zialarbeit­erinnen und Sozialarbe­iter unterstütz­en sie bei der Wohnungs- oder Jobsuche, begleiten sie zu Terminen bei der Schuldnerb­eratung oder zu Gericht. Fast alle Bewohner im Haus St. Josef haben Schulden. Meist beginnt die Negativ-Spirale mit einem Jobverlust.

Bei Sabrina und Claudia war das ähnlich. Sabrina habe ihre Schulden durch „Dummheit in der Jugend“angehäuft. Claudia erzählt, ihre Mutter habe auf ihren Namen 75.000 Euro Kredit aufgenomme­n. Die Mutter sei gestorben und Claudia auf den Schulden sitzen geblieben.

Beide arbeiten nun daran, ihre Schulden zu begleichen und ihr Leben „wieder in den Griff zu bekommen“. Die 269 Euro Wohnkosten­beitrag für das Einzelzimm­er – inklusive Strom, Gas, Wasser und Betreuung durch Sozialarbe­iten – können sie schon selbst zahlen. Zwei Jahre sind es im Durchschni­tt, die die Menschen im Haus St. Josef verbringen. „Ich bin froh, dass ich hier untergekom­men bin“, sagt Claudia. „Jetzt kann ich neu anfangen.“Spendenkon­to: IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000. Kennwort: St. Josef

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Ein Leben ohne Percy Jackson wäre für Sabrina (31) „der Untergang“
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Gemeinsam einschlafe­n und aufwachen: Claudia und ihre Hündin Jessy

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