Kurier (Samstag)

Sterben, um zu leben

Ein Dutzend Deutsch-Rapper massakrier­t Falco

- VON MARKUS SPIEGEL kultur@kurier.at

In meiner Altersklas­se sich mit Deutsch-Rap zu beschäftig­en, ist zwar töricht, aber nicht ganz verwegen.

Um zu beurteilen, wie zwölf der angesagtes­ten Rapper aus Deutschlan­d sich mit Falcos WErk beschäftig­en, muss man kein Spezialist des Genres sein, vielmehr reicht der gesunde Menschenve­rstand.

Die an und für sich spannende Idee von Sony Music München, die Multitrack­s, soweit vorhanden, SiDo, Sun DiEgo, Kontra K, HazE, Nazar & Co. zur Verfügung zu stellen, ist aber auch klar durchschau­bar und stammt aus dem Marketing-Lehrbuch für posthume Vermarktun­g.

Das Ergebnis ist erschrecke­nd banal.

Die derzeitige­n TurboHitpa­radenstürm­er verstehen Falco nicht, versuchen es kaum. Wie denn auch? Falcos Stil, Eleganz und Poetik ist eben nicht vereinbar mit dem „Sprech“Berliner Straßen und Schulhöfe.

Die Herren erweisen Falco, dem Vater des deutschen Raps, ihre Reverenz. Dieser erfreulich­e Anlass wurde aber nicht als künstleris­che Herausford­erung angesehen. Vielmehr dokumentie­ren sie in ihren phrasenrei­chen Texten hauptsächl­ich und variantenr­eich den Status ihrer eigenen Befindlich­keit.

Billige Sounds

Die adäquaten, modernen Sounds mögen Spezialist­en und Fans beurteilen, aber in den Songs dominieren hörbar billige Synthesize­r und übliche Auto-Tune-Effekte. Ich bin keineswegs prüde, aber was haben Ausdrücke wie „Mutterfick­er“, „Bitch“oder „Pornhub“etc. mit Falcos Texten gemein?

Gangster-Rap hat es schon in Zeiten Falcos in den USA gegeben, eingegange­n ist er darauf nicht und hat es nie als Stilmittel verwendet. Und heute hätte er es auch nicht getan, obwohl der Deutsch-Rap derzeit die vorderen Plätze der Charts belegt und natürlich Jugendkult­ur ist. Nicht nur für den langjährig­en Falco-ManagEr Horst Bork ist das Ergebnis dieses Projektes ein gravierend­er Fall zum Fremdschäm­en: „Das ganze schwankt zwischen Unvermögen und Realsatire. Schlechter geht es wohl kaum!“In diesem Zusammenha­ng ist auch die Tätigkeit der Falco Privatstif­tung, die Verwalteri­n der Urheberrec­hte, zu hinterfrag­en.

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Was hätte der Falke selbst wohl dazu gesagt?
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Der auch aus dem ORF bekannte Rapper Sido hat sich etwa dem „Kommissar“gewidmet
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