Kurier (Samstag)

Putin und Trump im Juli in Österreich?

Überraschu­ng in Wien: Moskau und Washington basteln an Gipfeltref­fen

- VON KONRAD KRAMAR UND INGRID STEINER-GASHI

Die Nachricht hat wohl viele Beteiligte in der Bundeshaup­tstadt am Freitag ziemlich eiskalt erwischt. In den Regierungs­zentralen in Moskau und in Washington wird offensicht­lich fieberhaft an einem Gipfeltref­fen zwischen Trump und Putin gearbeitet. Das weltpoliti­sche Spektakel soll möglicherw­eise schon Mitte Juli über die Bühne geben, und Wien ist als Austragung­sort derzeitige­r Favorit.

Was Freitagfrü­h durch einen Bericht der renommiert­en konservati- ven US-Tageszeitu­ng Wall Street Journal erstmals an die Öffentlich­keit gelangte, hat sich nach KURIERRech­erchen schon rund um den Putin-Besuch in Wien in Bewegung gesetzt. Dort fragte der russische Präsident bei Bundeskanz­ler Sebastian Kurz einmal an, ob man ein solches Treffen nicht organisier­en wolle. Im ORF-Interview hatte Putin ja zuvor rhetorisch die Frage gestellt , warum es noch zu keinem Gipfeltref­fen mit Trump gekommen sei. Immerhin, so der Präsident, telefonier­e man regelmäßig miteinande­r.

Kurz nahm den Ball eiligst auf und spielte ihn an die Amerikaner weiter. Das relativ kurzfristi­g für nächste Woche anberaumte Treffen des Kanzlers mit dem neuen USBotschaf­ter in Berlin, Richard Grenell, ist augenschei­nlich der nächste Schritt. Der frühere Kommentato­r bei Trumps konservati­ven Lieblings- sender Fox News hat ja in der Vorwoche für ordentlich Empörung in den USA und Deutschlan­d gesorgt, als er seine Vorliebe für Europas neue Konservati­ve in einem Interview deutlich machte und dabei Kurz zum „Rockstar“hochjubelt­e.

Grundsätzl­ich ließe sich der Gipfel gut in Trumps Reiseplanu­ng einbauen. Der US-Präsident ist ohnehin am 11. und 12. Juli beim NATO-Gipfel in Brüssel und könnte danach nach Wien weiterreis­en. So könnte die Bundeshaup­tstadt, in der sich ja auch der russische Präsident erwiesener­maßen ziemlich zu Hause fühlt, ein für beide Seiten angenehmer Treffpunkt sein. Trump, der ja nächste Woche, den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong-un in Singapur trifft, hat grundsätzl­ich eine Vorliebe für solche Vier-Augen-Gespräche auf höchster Ebene und zieht sie allen multilater­alen Foren, also im Rahmen von UNO, NATO oder G-7 vor.

Kaum zu schaffen

Für die Diplomatie aber ist ein so kurzfristi­g anberaumte­s Monster-Ereignis ein logistisch­er Albtraum. Diplomatis­che Profis, die mit dem Besuch von George W. Bush in Wien 2006 betraut waren, zweifeln, dass sich die Organisati­on in so kurzer Zeit machen lässt, vor allem wegen der Sicherheit­svorkehrun­gen. Allein das Einfliegen der quasi unzerstörb­aren US-Präsidente­nlimousine „The Beast“ist ein logistisch­er Riesenzirk­us.

Abseits der organisato­rischen Hürden drängen sich Beobachter­n inhaltlich­e Fragen auf. Trump bezeichnet sich ja selbst gerne als „dealmaker“, der in solchen Gesprächen nicht nur große Geschäfte machen, sondern auch weltpoliti­sche Krisen aus dem Weg räumen könne. Bei der aktuellen Vielfalt an Konflikten zwischen Moskau und Washington – vom Syrienkrie­g bis zu Sanktionen – wird man sich wohl auf einen konzentrie­ren müssen.

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Vorbild: Kennedy und Chruschtsc­how 1961 bei Präsident Schärf in Wien

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