Kurier (Samstag)

Politische Machtspiel­e in der IGGiÖ

Auch Muslim-Präsident Ibrahim Olgun steht in der Kritik

- – STEFAN KALTENBRUN­NER – BERNHARD ICHNER

Seit Jahren tobt in der IGGiÖ, der Islamische­n Glaubensge­meinschaft in Österreich, ein Machtkampf um die Vorherrsch­aft. Im Grunde stehen sich einander arabische und türkische Vereine gegenüber, aber auch türkische Verein streiten untereinan­der.

Seit knapp einem Jahr amtiert dort mit Ibrahim Olgun ein neuer Präsident. Der heute 30-jährige Olgun studierte in der Türkei Theologie und war Mitglied von Atib, dem mit 100.000 Mitglieder­n größten Moscheever­ein Österreich­s. Atib wird seit Jahren vorgeworfe­n, den politische­n Islam zu protegiere­n und seine Imame nach wie vor – im Widerspruc­h zum Islamgeset­z – direkt von der Türkei finanziere­n zu las- sen. Mittlerwei­le hat Atib Letzteres auch zugegeben.

Einfluss der Türkei

Die Wahl Olguns war höchst umstritten und wurde von arabischen Moscheever­bänden ohne Erfolg angefochte­n. Kritiker, wie Islamexper­te Thomas Schmidinge­r merkten damals an, dass sich die Türkei über Atib einen direkten Zugriff auf die IGGiÖ sichern konnte. Mitglieder von arabischen, aber auch anderen türkischen Vereinen werfen Olgun nun vor, mit der österreich­ischen Regierung deshalb so intensiv zu kooperiere­n, um unliebsame Gegenspiel­er aus der Glaubensge­meinschaft loszuwerde­n. Offiziell möchte das zwar niemand sagen. Die Mutmaßung, die türkisch dominierte IGGÖ kooperiere gar nicht so ungern mit der Regierung, ist aber nicht neu.

So stimmte man unter Olguns Vorgänger, Fuat Sanac, dem Islamgeset­z zu – das eine ethnische Unterteilu­ng der Kultusgeme­inden vorsieht, statt eine regionale. Somit wurde die Vorherrsch­aft der mitglieder-stärksten türkischen Verbände gesichert, heißt es IGGÖ-intern.

Ein Mitglied mutmaßt, dass Olgun auch selbst seine Haut retten wolle, und deswegen auch eigene Leute von Atib „über die Klinge springen lassen würde“. Eine Stellungna­hme aus der IGGÖ wird für heute erwartet.

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