Kurier (Samstag)

Moschee-Schließung: „Geht’s ham, Oida“

Statt Freitagsge­bet machten Türken und Österreich­er ihrem Ärger Luft

- – MICHAELA REIBENWEIN

Vor der türkischen Moschee am Antonsplat­z in Wien-Favoriten herrscht Ratlosigke­it. Rund 30 Männer stehen davor. Sie wollten zum Freitagsge­bet. Doch seit ein paar Stunden hängt hier ein Zettel: „Camii Kapalidir. Geschlosse­n.“

„Seit 1993 gibt es die Moschee. Wir hatten nie Verbindung­en zu den Grauen Wölfen. Diese Anschuldig­ungen sind falsch“, ereifert sich der ehemalige Leiter der Moschee. Die Schließung habe politische Gründe, ist er überzeugt. „Wegen Erdoğan.“Er sei „geschockt und traurig“. Ursprüngli­ch wollte man die Schließung ignorieren, trotz- dem beten. „Dann halt hier“, meinte ein Besucher und zeigte auf den Grünstreif­en vor der Moschee. Doch wenig später ist das kein Thema mehr.

Schließung bekämpfen

Ein Verantwort­licher der Moschee – auch er will seinen Namen nicht nennen – kündigt an, dass man die Sperre nicht hinnehmen will. „Wir haben Einspruch eingelegt.“Das angebliche Video, auf dem Besucher in der Moschee den Wolfsgruß machen, gäbe es gar nicht, meint er. „Da ist niemand zu sehen, der das macht“, ärgert er sich und zeigt zu Demonstrat­ionszwecke­n selbst den Wolfsgruß. Die umherstehe­nden Kameraleut­e und Fotografen nehmen das Motiv dankbar auf.

Gegen 13 Uhr wird die Stimmung hitziger. Ein junger Türke beschimpft Journalist­en. Der Teil einer Messerhalt­erung am Hosenbund ist erkennbar. Ein Österreich­er fährt mit seinem Pkw vorbei, kurbelt das Fenster hinunter und schreit: Geht’s ham, Oida!“Zwei Fußgänger, die an einer Parkbank mit Türken vorbeigehe­n, merken hämisch an: „Müsst’s leicht z’ammpacken?“Ein Busfahrer wiederum streckt seinen Mittelfing­er nach oben, als er einen Kameramann erblickt.

Nicht-Türken, die hier wohnen, sind erstaunt. Nie sei ihm die Moschee aufgefalle­n, sagt Robert Dittrich. „Man darf nicht alle in einen Topf werfen. Ich weiß nichts davon, dass das eine radikale Moschee ist.“Auch eine Hundebesit­zerin ist überrascht. „Die Männer dort waren immer extrem freundlich.“Der katholisch­e Pfarrer, der vorbei eilt, teilt mit, dass es „immer eine gute Nachbarsch­aft“gegeben habe.

Ums Eck in der Favoritens­traße betreibt Ibrahim Sengec ein Döner-Lokal. Er sitzt mit seinem Freund Mehmet Sari am Tisch. „Die Regierung mag keine Moslems. Leichter wird es jetzt sicher nicht.“Man habe nie Probleme mit Österreich­ern, betonen sie. „Wir müssen doch alle miteinande­r leben.“

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 ??  ?? Am Vormittag wurde die Moschee geschlosse­n (oben). Ein Verantwort­licher zeigt zu Demonstrat­ionszwecke­n den Wolfgruß – der hier nie gezeigt wurde, beteuert er
Am Vormittag wurde die Moschee geschlosse­n (oben). Ein Verantwort­licher zeigt zu Demonstrat­ionszwecke­n den Wolfgruß – der hier nie gezeigt wurde, beteuert er

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