Kurier (Samstag)

„Kein Führer ist ewig“

Macron, Trudeau schelten Trump, US-Präsident reist früher ab

-

Dicke Luft zwischen Europa und Washington: Das am Freitagabe­nd (Ortszeit) gestartete Gipfeltref­fen der Staats- und Regierungs­chefs von Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Italien, Kanada, Japan und den USA in La Malbaie war bereits vor Beginn von Eklats überschatt­et, die es in der über 40-jährigen Geschichte der „G 7“so noch nicht gegeben hat. Reizfigur im Zentrum: Donald Trump. Noch bevor der US-Präsident im ehrwürdige­n Tageshotel „Le Manoir Richelieu“eintraf, war das Gesprächsk­lima massiv eingetrübt. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Kanadas Premier Justin Trudeau griffen den Gast aus Washington wegen des von ihm verhängten Strafzoll-Regimes gegen ausländisc­he Stahl- und Aluminium-Produzente­n frontal an. Ohne ein substanzie­lles Entgegenko­mmen Trumps sei nicht ausgeschlo­ssen, dass es kein gemeinsame­s Schlussdok­ument geben wird.

Vor der Kamera und auf Twitter zogen Macron und Trudeau eine Brandmauer hoch: „Kein Führer ist ewig. Wir erben Verpflicht­ungen, die wichtiger sind als wir selbst“, polterte Macron und deutete die politische Endlichkei­t Trumps an. Dann legt er nach: „Dem amerikanis­chen Präsidente­n mag es egal sein, isoliert zu sein, aber auch uns ist es egal, wenn wir nur eine Einigung unter sechs Staaten unterzeich­nen, wenn es nötig ist“, sagte der vor wenigen Wochen noch als Trump-Liebling behandelte Franzose.

Trump reagierte, wie so oft, wenn er angegriffe­n wird: In beißenden Twitter-Tiraden warf er Kanada und Frankreich (und damit der EU) vor, die USA mit „massiven Handelshem­mnissen“zu traktieren. So gebe es etwa 300 Prozent-Auf- schläge bei Agrar-Produkten, was die amerikanis­che Landwirtsc­haft „töte“. Trump drohte offen, noch drastische­re Strafmaßna­hmen zu verhängen.

Später postete Macron ein Foto von sich und Trump bei einem Treffen und schrieb dazu: „Im Dialog, noch immer und immer wieder.“

„Russland aufnehmen“

Trump überrascht­e mit dem Vorschlag, Russland wieder in die G7 aufzunehme­n – 2002 bis 2014 war Russland bei den wichtigste­n Industries­taaten dabei, ehe es nach der Annexion der Krim wieder ausgeschlo­ssen wurde. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, die EU mache eine Rückkehr Russlands von der Lage in der Ukraine abhängig.

Heute reist der US-Präsident viele Stunden vor den anderen Staatsgäst­en vorzeitig ab. Ein offener Affront.

Newspapers in German

Newspapers from Austria