Kurier (Samstag)

War der Mord an Susanna zu verhindern?

Nach der Ergreifung des Mörders im Irak bricht in Deutschlan­d eine heftige Debatte los.

- BILD: AP

Deutsche Qualitätsm­edien verzichten bei Kriminalfä­llen üblicherwe­ise, ethnische, religiöse oder nationale Zugehörigk­eiten mutmaßlich­er Straftäter zu veröffentl­ichen. Doch die Ermordung einer 14Jährigen in Wiesbaden hat diese Selbstbesc­hränkung zu Fall gebracht. Denn bei dem Tatverdäch­tigen handelt es sich um einen Asylwerber, der nach Tagen auf der Flucht in seiner Heimat Irak jetzt gestellt wurde. Das Opfer war Mitglied der Jüdischen Gemeinde Mainz. Und die Politik diskutiert die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können.

Ali B. war im Herbst 2015 nach Deutschlan­d gekommen. Sein Asylantrag wurde 2016 abgelehnt, wogegen er Klage eingelegt hat. Gegen ihn laufen auch Verfahren, etwa wegen eines Raubdelikt­s. Zudem wird er verdächtig­t, zuvor ein 11-jähriges Flüchtling­smädchen in einer Unterkunft vergewalti­g zu haben.

Wie er zur 14-jährigen Susanna stand, bleibt zu klären. Er soll das Mädchen, deren Mutter sie vor gut zwei Wochen vermisst gemeldet hatte, in Wiesbaden vergewalti­gt und getötet haben. Ihre Leiche wurde diese Woche neben Bahngleise­n verscharrt gefunden. Der mit seiner Familie aus Deutschlan­d verschwund­ene 20-jährige irakische Flüchtling Ali B. wurde in der Nacht auf Freitag von kurdischen Sicherheit­skräften im Nordirak auf Bitten der deutschen Polizei festgenomm­en. Ein im Zusammenha­ng mit der Tat festgenomm­ener 35-jähriger Türke wurde wieder freigelass­en.

Nach Tat ausgereist

Der Fall sorgt deutschlan­dweit für Aufregung, weil der schon zuvor als gewalttäti­g bekannte Verdächtig­e nach der Tat unbehellig­t aus Deutschlan­d ausreisen konnte. Als Ali B. und seine Familie Anfang Juni aufbrachen, legten sie am Düsseldorf­er Flughafen irakische Ersatzdoku­mente und deutsche Aufenthalt­sgestattun­gen vor. Auf den Tickets standen andere Namen als auf den offizielle­n Dokumenten, ein Abgleich fand nicht statt. Laut Polizei ist das derzeit rechtlich nicht möglich. Innenminis­ter Horst Seehofer forderte, es müsse jetzt ermittelt werden, ob es ein Vollzugspr­oblem sei oder ein Problem der rechtliche­n Grundlagen.

Auslieferu­ng möglich

Die Festnahme von Ali B. heißt nicht, dass er automatisc­h nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt wird. Das Verfahren laufe jetzt „nach den internatio­nalen Regeln“, so Seehofer. Laut Auswärtige­m Amt gibt es mit dem Irak kein generelles Auslieferu­ngsabkomme­n. Eine Auslieferu­ng sei in Einzelfäll­en möglich, sagte Ministeriu­mssprecher­in Maria Adebahr. Laut Spiegel wäre es möglich, auf „vertragslo­ser Basis“an den Verdächtig­en zukommen. Dazu müsste ein Haftbefehl gegen ihn vorliegen und ein Auslieferu­ngsersuche­n.

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Der Tatverdäch­tige wurde jetzt im Irak festgenomm­en

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