Kurier (Samstag)

Was Frauen in Altersarmu­t führt

Pensionsre­formen übersehen oft negative Auswirkung­en auf Frauen-Pensionen

- VON IRMGARD KISCHKO

Wenn über das Pensionssy­stem diskutiert wird, dreht sich alles um Demografie: Die Zahl der Alten steigt, immer weniger junge Beschäftig­te müssen das Pensionssy­stem finanziere­n. Das wird sich auf Dauer nicht ausgehen. Weil höhere Pensionsbe­iträge genauso unwahrsche­inlich sind wie eine Anhebung der Staatszusc­hüsse ins Pensionssy­stem, bleibt nur eines: Das Pensionsan­trittsalte­r muss steigen, betont denn auch Tobias Thomas, Direktor des Eco Austria Instituts für Wirtschaft­sforschung.

Doch „Achtung“, entgegnet ihm Josef Wöss, Leiter der Sozialpoli­tik in der Arbeiterka­mmer, bei einer Diskussion anlässlich des „Institutio­nellen Altersvors­orge- und Investoren­gipfels“in Wien. Nur über die Alterspyra­mide und höheres Pensionsan­trittsalte­r zu reden, sei zu wenig. Denn mit dieser Reform allein drohten vor allem Frauen in noch größerem Ausmaß in Altersarmu­t abzugleite­n. „Man kann nicht über Pensionen reden, ohne über den Arbeitsmar­kt zu reden“, sagt Wöss und verweist auf die negative Entwicklun­g der weiblichen Altersarmu­t in Deutschlan­d seit der Rentenrefo­rm nach dem Jahr 2000.

Im Durchschni­tt bekommen deutsche Frauen nur 700 Euro Pension im Monat, in Österreich liegt der Durchschni­tt immerhin bei 1200 Euro. Die Angleichun­g des Pensionsal­ters auf 65 Jahre für Männer und Frauen berge eine Gefahr: „Viele Frauen sind in Berufen wie Verkäuferi­n oder im Gastgewerb­e und würden dies nicht bis 65 durchhalte­n. Daher müssen sie Abschläge von ihren ohnehin geringen Pensionen in Kauf nehmen“, warnt Wöss. Für jedes Jahr, das man vor Erreichung des gesetzlich­en Pensionsal­ters in Pension geht, werden 5,1 Prozent abgezogen.

„Arbeit in Niedrigloh­n-Branche, Kinder, Teilzeit, Altersarmu­t“, laute die typische Karriere vieler Frauen. Um diesen Knoten zu durchschla­gen, seien dringend Reformen notwendig. Erstens ausreichen­d Kinderbetr­euungsplät­ze. Zweitens bessere Ausbildung für Frauen und eine Angleichun­g der Löhne und Gehälter an jene der Männer, lautet das Rezept.

Für den deutschen Finanzwiss­enschafter Aloys Prinz sind diese besonderen Anstrengun­gen gar nicht nötig. Er glaubt, dass sich das Problem der niedrigen Frauen-Pensionen mit der Zeit von selbst löse. „Junge Frauen sind besser ausgebilde­t, gehen auch in typische MännerBeru­fe und arbeiten weniger Teilzeit“, sagt er. Also hätten sie auch höhere Renten zu erwarten.

Pensions-Splitting

Eine Möglichkei­t, dass Frauen eine höhere Pension bekommen, ist das sogenannte Pensions-Splitting. Ehepartner vereinbare­n dabei, die Pensionsan­sprüche zusammenzu­legen und die Pension dann zu teilen. „Wir brauchen ein automatisc­hes Splitting“, fordert Gerald Loacker, Sozialspre­cher der Neos. Obwohl dies in Österreich gesetzlich seit Jahren vorgesehen ist, haben sich bisher nur 850 Paare dafür entschiede­n. „Das ist eigentlich totes Recht“, sagt Loacker. Private Vorsorge und hier vor allem überbetrie­bliche Pensionska­ssen halten alle vier Experten für einen wichtigen Beitrag, um auch Frauenpens­ionen aufzufette­n. Allerdings ist in Österreich nur ein Viertel der Beschäftig­ten über Pensionska­ssen zusätzlich fürs Alter abgesicher­t. In Deutschlan­d sind es 60 Prozent. Auch hier sieht Wöss Frauen im Nachteil. „Sie arbeiten großteils in jenen Branchen – Handel und soziale Dienstleis­tungen –, die nicht in Pensionska­ssen einzahlen.

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