Kurier (Samstag)

Ibrahim Olgun

Favoritner Moschee nahm Betrieb mit Sondergene­hmigung wieder auf

- VON BERNHARD ICHNER

Nachdem die Bundesregi­erung sieben Moscheen schloss, die Arabische Kultusgeme­inde (AKG) auflöste und bekannt gab, mindestens 40 Atib-Imame ausweisen zu wollen, steht der Präsident der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ), Ibrahim Olgun (30) intern unter Druck. Seine Gegner werfen ihm vor, die Maßnahmen der Regierung selbst verursacht zu haben und drängen auf Neuwahlen. Im KURIER-Interview nimmt der Theologe zu den Vorwürfen Stellung und stellt die Wiedereröf­fnung der geschlosse­nen Moscheen in Aussicht. Herr Präsident, Ihnen wird vorgeworfe­n, für die MoscheeSch­ließungen verantwort­lich zu sein, weil Sie die Einrichtun­gen dem Kultusamt meldeten. Ibrahim Olgun: Das stimmt so nicht. Wir haben das Kultusamt nur über formelle Mängel informiert – wozu wir laut Islamgeset­z verpflicht­et sind. Alles, was nicht gesetzesko­nform ist, ist der Behörde zu melden. Aber noch einmal: da ging es um formelle Mängel – die inhaltlich­en Anschuldig­ungen A A A kamen von Kultusamt und Politik. Um welche formellen Mängel geht es da?

Eine Kultusgeme­inde muss drei Voraussetz­ungen erfüllen: sie muss mindestens zehn Moscheen haben, die alle über einen Imam verfügen, und sie muss mindestens 1000 Mitglieder haben. Wir haben aber festgestel­lt, dass die AKG das nicht erfüllt, weil einige Moscheen ausgetrete­n sind und sich selbststän­dig gemacht haben. Darum hat die AKG Einrichtun­gen nachgemeld­et, die gar keine richtigen Moscheen waren. An den Adressen fan- den sich Geschäftsl­okale, Sportverei­ne und eine Schule. Die gesetzlich­en Vorgaben wurden bewusst umgangen. Ich hatte also die gesetzlich­e Verpflicht­ung, das dem Kultusamt zu melden. Die Schließung­einzelner Moscheenha­be ich aber nie gefordert. Die Moschee am Antonsplat­z wurde gestern, Freitag, wieder aufgesperr­t. Wie kam es dazu?

Das Bundeskanz­leramt hat gegen diesen Verein Bedenken geäußert, weil angeblich eine politische Einflussna­hme aus dem Ausland gegeben sein soll A A . Der Verein bestreitet das aber vehement. Mittlerwei­le hat er die formalen Mängel des Bewilligun­gsantrags beseitigt undzudenVo­rwürfen Stellung genommen. Diese Stellungna­hme wurde gemeinsam mit dem nun vollständi­gen Antrag ans Bundeskanz­leramt weitergele­itet. Für die Durchführu­ng des Fest- und Freitagsge­bets wurde vorab von der IGGÖ eine Sondergene­hmigung erteilt, um die Muslime nicht noch mehr zu verunsiche­rn. Aus der IGGÖ heißt es, Sie hätten dem Kultusamt nicht nur die AKG, sondern auch andere Kultusgeme­inden gemeldet. Heißt das, dass weitere Auflösunge­n bevorstehe­n?

Von 28 Kultusgeme­inden gibt es nur wenige, die die formellen Voraussetz­ungen nicht erfüllen – etwa weil sie zu wenige Moscheen haben oder keine Rechnungsa­bschlüsse vorgelegt haben. Inhaltlich­e Bedenken gibt es aber gegen keine Moschee. Wir haben zwar das Kultusamt darüber informiert, hoffen aber, dass die formellen Mängel rechtzeiti­g beseitigt werden. Abgesehen davon: Wenn eine Kultusgeme­inde aufgelöst wird, heißt das nicht zwingend, dass deren Moscheen zusperren müssen. Nach unseren Statuten können sich diese auch selbststän­dig machen. Wir lassen das gerade rechtlich prüfen. Das bedeutet, dass auch die sechs Moscheen der AKG wieder aufsperren dürfen?

Die Chance besteht, wenn keine inhaltlich­en Gründe dagegen sprechen. Wir werden das Kultusamt um Hintergrun­dinformati­onen ersuchen, weil wir nicht wissen, warum diese Einrichtun­gen geschlosse­n wurden. Wir hoffen, dass wir bald eine Erklärung erhalten. Sie wollen gegebenenf­alls ja rechtlich gegen die MoscheenSc­hließungen vorgehen. Warum eigentlich, wenn es laut Islamgeset­z doch eindeutige Mängel gibt, wie Sie selbst sagen?

Weil das Vorgehen der Politik problemati­sch ist. Wir werden nicht zulassen, dass unschuldig­e Moscheen unter dem Deckmantel des „politische­n Islam“aufgelöst werden. Inhaltlich­e Kritik gibt es aus unserer Sicht nur an einer der sieben Moscheen. Nach einer inhaltlich­en und formellen Prüfung der betroffene­n Einrichtun­gen, werden wir das Kultusamt um eine Stellungna­hme zu den aktuellen Entwicklun­gen bitten – und dann gegebenenf­alls die erfolgten Maßnahmen rechtlich überprüfen lassen. Ihre Kritiker werfen Ihnen als Atib-Kandidaten vor, die Opposition in der IGGÖ schwächen zu wollen.

Das weise ich aufs Schärfste zurück. Zum einen habe ich meinen Atib-Mantel am Tag nach meiner Wahl abgelegt. Und zum anderen mache ich keinen Unterschie­d zwischen den Ethnien in der IGGÖ. Würde ich Atib bevorzugen, hätte ich sicher nicht die Suspendier­ung des Imams in der Dammstraße A gefordert. Ein frommes Mitglied einer bosnischen oder arabischen Kultusgeme­inde ist mir lieber als ein unehrliche­s, unprofessi­onelles Mitglied eines türkischen Verbandes. Es gibt in der IGGÖ einige sehr erfolgreic­he arabischst­ämmige Funktionär­e, die ich sehr schätze. Im Obersten Rat haben einige Mitglieder das Vertrauen in Sie verloren und fordern Ihren Rücktritt. Allen voran Ihr Vize Abdi Tasdögen. Will er Ihr Amt?

Das müssen Sie ihn fragen. Ich kann nicht nachvollzi­ehen, warum mir einige das Vertrauen entziehen. Ich glaube, hier liegen Missverstä­ndnisse vor und hoffe, das im Dialog klären zu können. Werden Sie kandidiere­n, falls es zu Neuwahlen kommt?

Gute Frage. Aber das kann ich jetzt noch nicht sagen. Info: .

 ??  ?? Ibrahim Olgun bestreitet, von den MoscheeSch­ließungen gewusst zu haben. Ob er im Fall von Neuwahlen kandidiert, will der Theologe noch nicht verraten
Ibrahim Olgun bestreitet, von den MoscheeSch­ließungen gewusst zu haben. Ob er im Fall von Neuwahlen kandidiert, will der Theologe noch nicht verraten

Newspapers in German

Newspapers from Austria