Kurier (Samstag)

Tiefes Niveau im Hohen Haus: Neuer Rekord bei Ordnungsru­fen

Wilde Plenarwoch­e.

- VON RAFFAELA LINDORFER

nenter Störungen“. Einen handfesten Eklat gab es Anfang der Woche, als ÖVPMann Johann Rädler der Liste-Pilz-Mandatarin Alma Zadic zurief: „Sie sind nicht in Bosnien.“Wolfgang Zanger von der FPÖ setzte nach: „Alma, bei mir bist du sicher.“

Rädler ist wahrlich kein Kind von Traurigkei­t. Von ihm stammen auch Zwischenru­fe wie: „Hier spricht der Alkohol“, und: „Was haben Sie für Komplexe?“Zanger wurde im April durch seine WutRede mit hochrotem Kopf berühmt: Da bezeichnet­e er SPÖ-Chef Christian Kern als früheren ÖBB-Chef während der Flüchtling­swelle als „Oberschlep­per“.

Andreas Khol beeindruck­en derlei Szenen nicht sonderlich – er ist Schlimmere­s gewohnt. Der 76-Jährige war während Schwarz-Blau von 2002 bis 2006 Nationalra­tspräsiden­t, hat mehr als 40 Ordnungsru­fe verteilt. „Man kritisiert­e mich, dass ich zu streng sei. Aber das musste ich sein, damit eine halbwegs gesittete Sitzung zustande kam“, erinnert er sich.

Khol: „Exempel“Rädler

Beispiele gefällig? In älteren Protokolle­n finden sich Beschimpfu­ngen wie „miese Kreatur“, „klaaner Obzwickter“, oder Aussagen wie: „Sie gehören geohrfeigt“. Einmal wurde Khol in Anlehnung an den Diktator Engelberg Dollfuß als „Kholfuß“bezeichnet.

Warum dieses tiefe Niveau im „Hohen Haus“? Hat ein Politiker in der Öffentlich­keit nicht eine Vorbildfun­ktion? Damit sei es nach langen, aufreibend­en Sitzungen nicht mehr weit her, meint Khol, der für die Schrei- hälse eine Lanze bricht: „Der Nationalra­t ist ein getreues Abbild der Bevölkerun­g. Und die Abgeordnet­en sind nicht schlechter, aber auch nicht besser als die Menschen, die sie vertreten.“

Wie wäre er mit einem Herrn Rädler umgegangen? Khol hält die Rechtferti­gung des ÖVP-Mandatars, er habe das nicht rassistisc­h beleidigen­d gemeint, für glaubwürdi­g. Undwasist mit FPÖ-Mann Zanger, dem der Nachsatz zu Zadic als sexistisch­e Aussage ausgelegt wurde? „Dafür hätte ich auch keinen Ordnungsru­f gegeben“, sagt Khol – man müsse derlei Aussagen immer im Zusammenha­ng beurteilen. Sobotka habe mit seiner Entscheidu­ng, den beiden nachträgli­ch einen Ordnungsru­f zu erteilen, wohl ein „Exempel statuiert, damit alle ein bissl ruhiger werden“.

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