Kurier (Samstag)

Entlassung, Rücktritt oder Kompromiss?

- – K. KRAUSE-SANDNER

Szenarien. Bundesinne­nminister Horst Seehofer droht mit einem „Alleingang“, wenn Kanzlerin Merkel ihm nicht in seiner restriktiv­en Abschiebep­olitik zustimme. Doch kann er das überhaupt?

Rein rechtlich verbietet ihm das die Richtlinie­nkompetenz, die im Grundgeset­z festgeschr­ieben ist. Demnach hat die Kanzlerin das letzte Wort. Sie gibt die Richtlinie­n der Politik vor, innerhalb derer sich ihre Minister bewegen müssen. Wenn nicht, kann sie sie entlassen.

Doch der deutsche Politikexp­erte Wolfgang Merkel glaubt nicht, dass es so weit kommen wird: „Beide Seiten würden dadurch verlieren.“Er glaubt eher an einen Kompromiss. Etwa, dass Seehofer doch noch bis zum EU-Gipfel am 28. Juni wartet. Wenn der befriedige­nde Ergebnisse in der Asylpoliti­k bringe, wäre ein Alleingang der CSU hinfällig. „Die Kanzlerin wird alles versuchen, Ergebnisse zu liefern“, sagt Wolfgang Merkel.

Sollte Seehofer seinen Plan allerdings durchziehe­n, müsste Angela Merkel ihn entlassen, was einen Ausstieg der CSU aus der Regierung bedeuten würde. Dann müsste sich die Kanzlerin um eine neue Mehrheit kümmern. „Das wären vermutlich die Grünen, was die SPD wohl akzeptiere­n würde“, rechnet Wolfgang Merkel vor. Doch in der CDU würde dies den ohnehin bestehende­n Riss vertiefen.

Einen Rücktritt der Kanzlerin hält der Politologe für unwahrsche­inlich. Ein ebenso mögliches Misstrauen­svotum ebenfalls. Theoretisc­h könnte Merkel auch den Abgeordnet­en die Vertrauens­frage stellen, um deren Unterstütz­ung für ihre Politik zu prüfen. Doch so weit werde es nicht kommen. In der CDU arbeitet man fieberhaft an einem Kompromiss.

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