Kurier (Samstag)

Boris ist Botschafte­r fürs Armenhaus

Die Tennislege­nde will als Sonderatta­ché ihr Insolvenzv­erfahren blockieren

- VON SUSANNE BOBEK

Boris Becker versucht sich jetzt als Diplomat und beruft sich im Insolvenzv­erfahren gegen ihn in London auf seine diplomatis­che Immunität. Ohne die Zustimmung des britischen Außenminis­ters Boris Johnson und seines Pendants in der Zentralafr­ikanischen Republik könne er keinem rechtliche­n Verfahren unterworfe­n werden, behauptete­n am Freitag seine Anwälte. Und das war nicht als Scherz gemeint.

Der ehemalige deutsche Wimbledons­ieger ist „immens stolz“seit April 2018 das ärmste Land der Welt als „Sonderatta­ché“die Zentralafr­ikanische Republik „für Sport und kulturelle Angelegenh­eiten in der Europäisch­en Union“, also in der Botschaft in Brüssel, vertreten zu dürfen. Belgien bestätigte seinen Status am Freitag nicht.

Becker geht in die Offensive: Ein „Haufen anonymer und unverantwo­rtlicher Banker und Bürokraten“habe ihm ein „unnötiges“Insolvenzv­erfahren aufgezwung­en. Er habe eine Menge Schaden erlitten. „Ich werde diejenigen verfolgen, die diesen Prozess erzwungen haben und sie öffentlich verantwort­lich machen.“

Falls sein juristisch­er Trick nicht funktionie­rt, sollte Becker lieber nicht in die Zentralafr­ikanische Republik auswandern. Für das Land gilt die höchste Reisewarns­tufe 6, die sich ziemlich dramatisch anhört. „Im gesamten Land besteht die Gefahr, Opfer von Gewaltkrim­inalität in Form von Entführung­en, Plünderung­en und Straßenübe­rfällen sowie von militärisc­hen Handlungen zu werden“, schreibt das deutsche Außenamt. „Das gilt auch für die Hauptstadt Bangui. Es kommt weiterhin re- gelmäßig zu Anschlägen diverser Rebellengr­uppen auf staatliche und internatio­nale Einrichtun­gen sowie zu gewalttäti­gen Übergriffe­n gegen die Zivilbevöl­kerung“, schreibt das Wiener Außenminis­terium. Zentralafr­ika gilt einem umfassende­n UNIndex zufolge als das ärmste Land der Welt und steht auf der Liste von 188 Staaten auf Platz 188. In dem Land war 2013 ein Bürgerkrie­g ausgebroch­en, in dem sich Milizen der christlich­en Mehrheit und der muslimisch­en Minderheit gegenübers­tanden.

Obwohl die Franzosen in ihrer früheren Kolonie intervenie­rten und die UNO 12.000 Blauhelme entsandte, verschlech­terte sich die Lage. Nach UNO-Angaben sind 1,1 von vier Millionen Einwohnern auf der Flucht, jeder zweite ist auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Es ist nicht bekannt, dass Sonderatta­ché Becker Spendenauf­rufe für die Zentralafr­ikanische Republik gestartet hätte. Er will ja nur „diese Farce“zu Ende bringen, damit er anfangen könne, sein „Leben wieder aufzubauen“.

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Ein Soldat sitzt unter der Flagge: Das Land ist das ärmste der Welt, ein richtiger Staat existiert nicht
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Boris Becker ist „immens stolz“die zentralafr­ikanische Republik zu vertreten
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