Kurier (Samstag)

Überteuert? Behörde hat Flüge Wien–Brüssel im Visier

Ticketprei­se. Lufthansa-Gruppe hat Monopol – Wettbewerb­shüter Thanner: Auf Computer-Algorithmu­s ausreden gilt nicht

- – HSP

Ob Politiker, Beamte, Firmenvert­reter oder Journalist­en: Wien–Brüssel ist eine gefragte Flugstreck­e. Während Österreich­s EU-Ratspräsid­entschaft im zweiten Halbjahr wird der Reisebedar­f wohl noch einmal ansteigen.

Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) will vertieft analysiere­n, ob für Flugticket­s überhöhte Preise verrechnet werden. Und als Erstes habe man die Verbindung Wien–Brüssel im Visier, berichtete der auf Wettbewerb­sthemen spezialisi­erte Infodienst Parr. „Wir ziehen das in Erwägung“, hieß es dazu am Freitag bei der Behörde in Wien auf KURIER-Anfrage. Bisher sei zwar noch kein konkreter Fall eröffnet worden. Man sammle aber Informatio­nen, um die Preissitua­tion über den Sommer genauer zu analysiere­n.

Angebot und Nachfrage

So habe man beobachtet, dass die Preise für bestimmte Tagesflüge in die EU-Hauptstadt binnen weniger Monate von rund 600 auf mehr als 800 Euro gestiegen seien. Besonders bei gefragten Flugzeiten am Morgen und Abend hätten die Preise angezogen. „Reiseveran­stalter haben dazu nicht nur eine Fülle an Daten, sondern auch etliche Beschwerde­n (über die gestiegene­n Preise)“, sagte BWB-Generaldir­ektor Theo- dor Thanner am Rande einer Veranstalt­ung in Brüssel zu Parr. Angesproch­en ist damit die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA). Seit die Deutschen 2016 nämlich auch noch Brussels Airlines übernommen haben, gibt es ein Monopol auf der Strecke.

Austrian f liege Brüssel 26-mal in der Woche an und Brussels 20-mal, sagt AUASpreche­r Peter Thier zum KURIER: „Es ist das gute Recht der BWB, sich einzelne Strecken anzusehen. Wir werden alle Informatio­nen zur Verfügung stellen.“Die eigenen, marktunabh­ängigen Preise habe man nicht erhöht. Darüber hinaus gebe es aber eine „dynamische Preisbildu­ng, abhängig von Angebot und Nachfrage“, so Thier. Und das führe dazu, dass Tickets automatisc­h in eine höhere Preisklass­e rutschen, wenn die billigere ausgebucht sei.

IT-Kenntnisse gefragt

Die Ausrede, dass ComputerAl­gorithmen hier eigenständ­ig am Werk seien und Preise festsetzen, wolle er freilich nicht gelten lassen, betonte Wettbewerb­shüter Thanner bei seinem Vortrag. „Der Einsatz von Algorithme­n – das ist die große Gefahr – könnte darauf hinauslauf­en, dass es zu einem abgestimmt­en Verhalten kommt, das im Widerspruc­h zum Wettbewerb­srecht steht.“Die Behörden sollten ihre IT- und Programmie­r-Kenntnisse aufstocken.

Der Nachweis, dass überzogene Preise verrechnet werden, ist tatsächlic­h schwierig zu führen. Es gibt EU-weit wenige ausjudizie­rte Fälle, die kaum Anhaltspun­kte liefern, was als „exzessiv“zu gelten hat. Für den Fall, dass ein unerlaubte­r Marktmissb­rauch festgestel­lt würde, könnte die Behörde eine Geldbuße verhängen.

Es stehe jeder Airline offen, die Strecke auch zu fliegen, sagt indes AUA-Sprecher Thier. Freie Slots seien in Brüssel und Wien vorhanden. Wäre die Verbindung wirklich so attraktiv, gäbe es bereits Konkurrenz.

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Mit der EU-Ratspräsid­entschaft steigt die Nachfrage noch einmal

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