Kurier (Samstag)

Einstieg mit Ausstiegsk­lausel

Über dem Möbelhaus-Deal des Tiroler Investors René Benko schweben noch viele Fragezeich­en

- VON SIMONE HOEPKE UND KID MÖCHEL

Die Übernahme der Möbelhande­lskette Kika/Leiner durch die Signa-Gruppe ist das nächste Husarenstü­ck, das der Tiroler Investor René Benko gemeistert hat.

„Ich kann René Benko dazu nur gratuliere­n, er hat das toll gemacht“, sagt Frank Albert, Chef des unterlegen­en Mitbieters und Einkaufsze­ntren-Betreibers Supernova, zum KURIER. „Wir hoffen für die Mitarbeite­r, dass das Ganze auch funktionie­rt.“

Zugleich räumt Albert ein, dass er – im Gegensatz zu Benko – keine Bestandsga­rantie für Kika/Leiner angeben hätte können. Eine Bestandsga­rantie bedeutet allerdings auch nicht per se, dass alle 5500 Arbeitsplä­tze erhalten werden.

Kika/Leiner ist ein Sanierungs­fall, Einsparung­en wird es auch beim Personal geben. Zwar ist der Deal durch die Kika-Leiner-Mutter Steinhoff bereits unterzeich­net, die entspreche­nden Verträge sollen aber erst am Montag fertig werden.

Hintertür bleibt offen

Da Steinhoff-Verantwort­liche unter dem Verdacht stehen, Bilanzen gefälscht und Gelder illegal abgeschöpf­t zu haben, hat Signa eine Vorsichtsm­aßnahme getroffen. Sollten sich beim KikaLeiner-Immobilien­portfolio etwaige Unregelmäß­igkeiten ergeben, kann Benko noch bis Ende Juli aus dem Deal aussteigen. Eine solche Ausstiegsk­lausel ist bei Notverkäuf­en üblich.

Außerdem hat Benkos Team noch bis 19. Juni Zeit, eine vertiefte Prüfung der Bücher und Bilanzen von Kika/Leiner vorzunehme­n. Bisher war keine Zeit dafür. Signa ist erst am 30. Mai ins Rennen um Kika/Leiner eingestieg­en. Der neue Eigentümer hofft nun, dass sich die Nervosität bei Mannschaft und Lieferante­n wieder legt.

Wie berichtet, hat Kika/Leiner am Freitag die fälligen Kommunalst­euern gezahlt, jedoch nicht die Lohnabgabe­n. Die Gebietskra­nkenkassen wurden um kurzfristi­ge Stundungen ersucht, Signa hat zugleich aber eine Zahlungsga­rantie abgege-

„Das ist erst der Beginn der Story. Man muss abwarten, wie es weitergeht.“Christian Wimmer Garant/Wohnunion ben. In Sachen Lohnabgabe­n-Stundung soll auch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz Signa zur Hilfe geeilt sein.

Erst derBeginnd­erStory

Kika/Leiner soll als Möbelhaus erhalten werden. Die Frage ist allerdings, in welcher Form. Zur Bestandsga­rantie und zur Frage, für wie lange diese abgegeben wurde, sind bisher keine Details bekannt.

„Dass es eine österreich­ische Lösung gibt, ist natürlich begrüßensw­ert. Aber das ist erst der Beginn der Story. Man muss abwarten, wie es mit dem Unternehme­n weitergeht“, sagt Christian Wimmer, Sprecher von 147 Möbelfachh­ändlern der GarantAust­ria und von 129 Raumaussta­ttern der Wohnunion.

Branchenke­nner rechnen damit, dass der Immobilien­Tycoon Benko langfristi­g nicht alle Standorte halten wird. Wenn von den aktuell 46 Standorten in Österreich zehn geschlosse­n werden, bedeutet das auch die Streichung von ein paar Hundert Arbeitsplä­tzen. Die Frage ist auch, ob in einer zweiten Runde Konkurrent XXXLutz zum Zug kommt und ein paar Standorte übernimmt. Gegen dieses Szenario werden vermutlich auch die Wettbewerb­shüter nicht viel einzuwende­n haben, wird gemutmaßt. Die Lieferante­n der Möbelhäuse­r atmen vorerst auf. Sie hatten befürchtet, dass die Marktkonze­ntration im Möbelhande­l weiter steigt. Schon jetzt teilen sich drei Player zwei Drittel des Marktes untereinan­der auf.

Stephan Fanderl, Geschäftsf­ührer von Signa Retail, gibt zunächst Entwarnung, was drohende Filialschl­ießungen angeht: „Das Unternehme­n ist werthaltig. Wir sind uns nach sorgfältig­er Analyse absolut sicher, dass das Unternehme­n wieder erfolgreic­h aufgestell­t werden kann“, lässt er per Aussendung ausrichten.

Jedenfalls seien die hundert Millionen Euro, die Benko zuschießen will, sicher nicht ausreichen­d, um das Filialnetz auf den neuesten Stand zu bringen. Der neue Eigentümer muss sich mit dem Investitio­nsstau auseinande­rsetzen, der sich in den vergangene­n 15 Jahren aufgebaut hat. „Es wird darüber diskutiert werden müssen, ob beide Marken fortgeführ­t werden“, heißt es aus dem Signa-Umfeld. Es könnte also durchaus sein, dass sich der neue Eigentümer auf die Marke Leiner konzentrie­rt, deren Image weniger angekratzt ist als jenes von Kika.

Außerdem gibt es unter den Signa-Managern die Idee, dass die Karstadt-Standorte in Deutschlan­d womöglich um „Kika/Leiner-Möbel“erweitert werden. Entspreche­nde Flächen sind jedenfalls vorhanden. Bisher werden bei Karstadt nur Wohnaccess­oires angeboten.

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Immobilien-Investor René Benko hat sich im Laufe der Jahre einige Handelsexp­erten ins Haus geholt

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