Kurier (Samstag)

„Dann geht die Insel unter“

Ein Sieg gegen Argentinie­n? Die Folgen wären unabsehbar. Aron Gunnarsson, der Kapitän des Sensations­teams, und Trainer Heimir Hallgrímss­on bereiten sich in Moskau auf alles vor. Ein Lokalaugen­schein.

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dem walisische­n Cardiff.

Ein Journalist aus Kolumbien erzählt, aus seinem Land seien Fans nach Russland gekommen, nur umIsland zu sehen. Hallgrímss­on, der im richtigen Leben einmal ein Zahnarzt war, weiß um die weltweite Popularitä­t. Eine Erklärung? „Wir machen einiges anders, worüber sich viele Länder vielleicht wundern.“Und er fügt grinsend hinzu: „Wir haben nochnie jemanden überfallen und sind möglicherw­eise irgendwie liebenswer­t.“

Anders und mit Sicherheit inniger ist das Verhältnis zwischen Team und Fans. Vor jedem Heimspiel erscheint der Trainer in einem Pub unweit des Stadions von Reykjavik, um eine Stunde vor der offizielle­n Bekanntgab­e seine Aufstellun­g zu verkünden. „So etwas funktionie­rt nur, weil das gegenseiti­ge Vertrauen so groß ist.“

Was sich denn geändert habe nach der Europameis­terschaft in Frankreich? „Wir sind um zwei Jahre älter“, stellt Gunnarsson rein rech- nerisch fest. Für den Trainer bedeutet dies, in einem Lernprozes­s die richtigen Schlüsse gezogen zu haben, „denn in Frankreich wussten wir nicht, wo wir da überhaupt gelandet waren. Das Adrenalin spielte eine entscheide­nde Rolle.“

„Aber“– und auf diese Feststellu­ng legt Hallgrímss­on großen Wert – „Wunder ist das keines gewesen. Und ist es auch jetzt nicht. Es ist ein Produkt des Teamworks, wir haben gute Betreuer und gute Spieler, wir sind eine Einheit.“Der beachtlich­e Rang 22 im FIFA-Ranking könne schließlic­h kein Irrtum sein. Nebenbei bemerkt, als Gruppeners­ter der Qualifikat­ion wurde das WM-Ticket gelöst.

Unfair

Weiterentw­icklung lautet das Credo. Völlig egal, mit welchen Resultaten man Russland wieder verlassen werde. Die eigenen Stärken müssten im Vordergrun­d bleiben, obwohl „die Gegner unser Spiel längst genau studiert haben“. Ein Team, stark wie Argentinie­n, habe es aber nicht nötig, sich mit Island zu beschäftig­en. „Wir hingegen müssen uns alle um Messi kümmern und uns gegenseiti­g helfen. Es wäre extrem unfair, das einem Einzelnen zu überlassen.“Was denn passieren würde, soll- ten die Isländer das übermächti­ge Argentinie­n schlagen? Kristinn Páll Teitsson, einer von 27 mitgereist­en isländisch­en Journalist­en, müsste jedenfalls seinen Rückflug streichen.

„Denn dann“, so sagt er, „geht die Insel unter.“

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