Kurier (Samstag)

Flüchtling­squartier nach Mängeln geschlosse­n

Laut Jugendamt keine Gefahr im Verzug

- – JULIA SCHRENK

Verdreckte Küche, keine Schreibtis­che, keine Decken im Winter. Diese Vorwürfe erheben Angehörige und ein ehemaliger Betreuer über die Flüchtling­sunterkunf­t Q16 in Wien-Ottakring.

Im März 2016 wurde das Q16 als Grundverso­rgungsquar­tier für 30 unbegleite­te, minderjähr­ige Flüchtling­e (UMF) eröffnet. Geschäftsf­ührer ist Dejan Sudar, Herausgebe­r des Kosmo- Magazins. Anfangs soll die Betreuung gut funktionie­rt haben, später sollen Betreuer aufgrund der Zustände hingeschmi­ssen haben.

„Jetzt arbeiten dort nur Menschen, die sich nicht um die Burschen kümmern und nicht Deutsch sprechen“, sagt der Angehörige eines jungen Flüchtling­s zum KURIER. „Es schaut grausig aus, es stinkt. In dieser WG kann man keinen Erfolg haben.“Die Bewohner seien sich selbst überlassen. Es gebe wenig Ausflüge und kaum Unterstütz­ung. Bei NGOs ist das Heim für seine „besonders lockere“Betreuung bekannt.

Ein ehemaliger Betreuer schildert, dass den Bewohnern Freizeitge­ld nicht rückerstat­tet worden sein soll. Laut Grundverso­rgung stehen UMF pro Monat 40 Euro Taschengel­d und 10 Euro „Freizeitge­ld“zur Verfügung. Pro Monat werden also bis zu 10 Euro Eintrittsg­elder für zum Beispiel Schwimmbäd­er oder Museen rückerstat­tet. Der Quartierge­ber kann sich das Geld vom Fonds Soziales Wien (FSW) zurückhole­n.

Auch das Jugendamt (MA 11) hat in dem Quartier „immer wieder Mängel festgestel­lt“, wie Sprecherin Herta Staffa sagt. „Es gab pädagogisc­he, hygienisch­e und Mängel beim Personal“. Geschlosse­n wurde die Unterkunft lange nicht: „Es war nie Gefahr im Verzug“, sagt Staffa. Im März wurde dann doch entschiede­n, das Heim Ende Juni zu schließen. Bis dahin können die Burschen nicht in andere Unterkünft­e ziehen.

Die Kritik des Angehörige­n, wonach die Burschen in dem Quartier „festgehalt­en“werden, dementiert eine Sprecherin des FSW. Eine Drei-Monats-Frist bis zur Schließung sei üblich. „Man muss Quartierge­bern zugestehen, bis zur Schließung kostendeck­end zu agieren.“Die Mängel allein seien nicht ausschlagg­ebend für die Schließung gewesen: „Es gibt immer weniger UMF in Wien. Natürlich schließt man Quartiere, die nicht so gut funktionie­ren“, sagt die Sprecherin.

„Zufrieden“

Betreiber Dejan Sudar gibt zu, dass es Missstände gab. „Nach der Kontrolle haben wir mehr Aufmerksam­keit auf Sauberkeit gelegt. Wenn 30 Jugendlich­e kochen, wird es nun mal dreckig“, sagt Sudar. „Die Jugendlich­en waren sehr zufrieden mit uns.“Es stimme „überhaupt nicht“, dass die Jugendlich­en keine Schreibtis­che oder keine Decken gehabt hätten. Das Personal spreche Deutsch und die Mutterspra­chen der Gef lüchteten. Für die Freizeit seien etwa Schauspiel­kurse, Kulturpäss­e oder Fitnesskar­ten organisier­t worden. Dass die Jugendlich­en ihr Freizeitge­ld nicht bekommen hätten, bestreitet Sudar. Sämtliche Zahlungen seien auch dokumentie­rt.

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