Bleibe ihre Agentin“
zehnt gleichgeblieben – in einer Stadt, die sich rasant entwickelt. Und: 75 Prozent aller Touristen geben an, dass sie wegen Kunst und Kultur nach Wien kommen. Kultur ist ein unglaublich attraktives Tool, das im Vergleich nur einen geringen Betrag des Gesamtbudgets erhält. Zudem bildet Kultur die Identität dieser Stadt. Es geht ja nicht nur darum, das Erbe zu erhalten, man muss auch neue Akzente setzen und Entwicklung ermöglichen. Das ist auch der Grund, warum ich jetzt hier sitze. Sagen wir so: Ich arbeite daran, dass es eine finanziell adäquate Ausstattung für das vielfältige kulturelle Leben gibt. Wandern wir zum Karlsplatz. Das Wien Museum wartet auf die Sanierung und den Ausbau.
Ende Juni wird die Flächenwidmung beschlossen – sie ist die Voraussetzung für den Baubescheid. Ich möchte mich mit allen Beteiligten möglichst rasch zusammensetzen; die Ausschreibung muss fehlerlos sein, der Bau einem strengen Qualitätsmanagement unterliegen. Der Boulevard bezeichnet den Aufbau als „fette Matratze“, man verlangt einen Neustart. Sie bekennen sich aber zum beschlossenen Projekt?
Ja. Ich finde, dass der Entwurf mit all den Schwierigkeiten – vom denkmalgeschützten Haerdtl-Bau bis zur Karlskirche – subtil umgeht. Zudem deckt er die funktionalen Bedürfnisse des Museums ab. Und man kann entspannt sein: Es wird ja nicht der erste Entwurf umgesetzt; der Aufbau wird durchaus etwas Leichtes und Schwebendes bekommen. 500 Meter weiter liegt der Heumarkt. Investor Michael Tojner will ein Hochhaus errichten, die UNESCO hat daher Wien auf die Rote Liste gesetzt. Es droht die Aberkennung des Weltkultur- Status. Wie gehen Sie als Kulturpolitikerin damit um?
Wir müssen, denke ich, die Balance hinkriegen, eine dynamische Stadt zu sein – und gleichzeitig das Weltkulturerbe zu erhalten. Schauen Sie sich doch an, mit welchen architektonisch großen Gesten François Mitterrand Paris verändert hat, auf die man jetzt stolz ist. Tojner ist aber nicht der Staat. Die Frage lautet, ob nahe der Innenstadt Projekte realisiert werden sollen, die nicht der Allgemeinheit, sondern nur der Profitmaximierung dienen?
Ich finde, dass die Stadt Wien klare Limits für private Investoren setzen muss, um ihre eigenen Interessen zu wahren. Aber die gibt es ja. Ich glaube, dass intelligente Lösungen gefunden werden können, die architektonisch interessant sind und alle Anforderungen erfüllen, ohne über die Dimension der Höhe markant zu sein. Gehen wir nun weiter – in die Außenbezirke.
Ich stelle gerade mein Team zusammen – und werde eine eigene Referentin für die bevölkerungsstarken, flächenmäßig großen Bezirke haben. Es interessiert mich allerdings überhaupt nicht, dort irgendwelche KunstHaufen hinzusetzen oder sogenanntes „niederschwelliges“Programm anzubieten. Wir wollen daher einen gut dotierten Call für interdisziplinäre Kunstprojekte in diesen Bezirken veröffentlichen. Ich möchte partizipative Modelle entwickeln lassen und die dort lebenden Menschen einbeziehen. Wir müssen zu den Leuten gehen – mit Respekt und Interesse für deren Lebenswelten. Du musst in einen Dialog treten. Und man darf nicht mit einer kolonialen Geste auftreten. Da werde ich als Stadträtin zur Intendantin. Denn ich weiß aus der Erfahrung beim „steirischen herbst“, wie man vorgeht.