Kurier (Samstag)

Deutscher BND zapfte 2000 Anschlüsse an

Deutscher Nachrichte­ndienst interessie­rte sich für UNO, Botschafte­n und Ministerie­n.

- VON DOMINIK SCHREIBER

Geheimdien­st überwachte die Telekommun­ikation zentraler Einrichtun­gen in Österreich.

Eine Liste des deutschen Bundesnach­richtendie­nstes (BND) mit rund 2000 Abhörziele­n in Österreich ist nun beim Nachrichte­nmagazin profil gelandet. Es geht dabei vor allem um Faxanschlü­sse, aber auch Telefone und vereinzelt Mailadress­en, die offenbar von 1999 bis in das Jahr 2006 angezapft wurden.

Die Ziele waren unter anderem heimische Ministerie­n (vor allem das Innen-, Wirtschaft­s- und Außenresso­rt). 442 Anschlüsse, vor allem Faxgeräte, wurden in diesem Bereich aus Pullach (der Sitz des Dienstes in Bayern) ausspionie­rt. Zum Teil war dies bereits seit 2015 bekannt, es gab sogar Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft dazu. Der BND bestätigte damals sogar dem KURIER, dass es Ziele in Österreich gab.

Im Visier vieler Geheimdien­ste stehen UNO-Organisati­onen, etwa die Atomenergi­ebehörde, oder andere Organisati­onen wie die OSZE. Auch die Deutschen hatten an diesen Interesse. Bekannt war bereits, dass der BND sich für ausländisc­he Journalist­en interessie­rt hat – etwa von Reuters, BBC oder der New York Times.

In Österreich interessie­rten sich die Spione offenbar für das Faxgerät der Außenpolit­ikredaktio­n der Austria Presse Agentur. Welche brisanten Details hier abgeschöpf­t wurden, ist allerdings unklar.

Neben Universitä­ten (TU Graz und Wien) wurden auch Wirtschaft­sunternehm­en überwacht – etwa die Waffenprod­uzenten Hirtenberg­er und Steyr-Mannlicher, der Feuerwehrf­ahrzeugbau­er Rosenbauer, die voestalpin­e, aber auch Banken wie etwa die Raiffeisen oder die Nationalba­nk. Alle diese Unternehme­n sind internatio­nal tätig. Ob diese eine Art Industries­pionage war, ist derzeit noch unklar.

Bestätigt wurde durch die Liste erneut, dass der BND seinen österreich­ischen Kollegen im BVT bei der Terrorüber­wachung half. So wur- de der Austro-Terrorist Mohamed Mahmoud abgehört. Auch seine (längst geschlosse­ne) Moschee in der Stiftgasse war im Visier der Behörden. Bisher wurden bei vielen Festnahmen von Terrorverd­ächtigen stets betont, dass ein Hinweis eines befreundet­en Dienstes hilfreich war – oft eben der BND.

Im Visier der Abhörmaßna­hmen waren auch 200 Anschlüsse in 75 Botschafte­n in Wien – von den USA bis Iran, von Libyen bis Nordkorea sowie von Israel bis Afghanista­n. Diese zu belauschen ist internatio­nal üblich.

Knappe Statements

Der deutsche BND wollte sich gegenüber dem Nachrichte­nmagazin nicht zu der Liste äußern: „Zu operativen Aspekten seiner Arbeit berichtet der BND grundsätzl­ich nur der Bundesregi­erung und den zuständige­n, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestage­s“, hieß es in einem Schreiben. Noch karger war die Antwort des Innenminis­teriums: „Aufgrund rechtliche­r Übereinkom­men kann keine Auskunft erteilt werden.“

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Die Abhörstati­on des BND in Bayern. Der Nachrichte­ndienst hatte offenbar auch Interesse an österreich­ischen Firmen und Universitä­ten

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