Kurier (Samstag)

Leistbare Bio-Bauten

Wie wohnen wir in Zukunft? Möglichst ökologisch, wahrschein­lich auf weniger Raum – und leistbar soll es auch sein. Branchenex­perten diskutiere­n bei der Reihe „What’s Next?“über die moderne Stadtentwi­cklung.

- VON JULIA BEIRER

Die moderne Stadtentwi­cklung soll nachhaltig, aber auch leistbar sein. Das wünschen sich Politiker, Architekte­n, Bauherren, Wissenscha­ftler und allen voran die Stadtbewoh­ner. Wie dieser Wunsch umgesetzt werden kann, muss aber erst diskutiert werden. Genau das taten am vergangene­n Montag Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou, Architekti­n Petra Maier, Daniel Jelitzka, Geschäftsf­ührer von JP Immobilien, und Friedrich Hinterberg­er, Gründungsp­räsident des Sustainabl­e Europe Research Institute, bei einer Podiumsdis­kussion der Plattform „What’s Next?“. Dabei wurde eines sehr schnell deutlich: Nachhaltig­e Stadtentwi­cklung hat viele Aspekte und geht weit über Bio-Baumateria­lien hinaus. Das beginnt mit der Begrünung der Bezirke, geht über die Wiederbele­bung der Erdgescho- ße bis hin zu baulichen Maßnahmen für den Klimaschut­z. Die Diskussion aber oft zu einer zentralen Frage: Wie bleibt nachhaltig­es Wohnen erschwingl­ich?

Vassilakou fordert die Einführung einer Widmungska­tegorie für geförderte­n Wohnbau. „Damit könnten die Bodenpreis­e gesenkt und mithilfe des Bundes sogar der Widmungsge­winn abgeschöpf­t werden“, erklärt sie. Dazu gebe es derzeit aber keine politische Mehrheit. Daher werden die Wohnräume erst einmal kleiner. „Was früher 70 Quadratmet­er waren, sind heute 50 Quadratmet­er. Die Einheiten haben weniger Quadratmet­er, das bedeutet aber nicht zwingend weniger Platz“, erklärt Jelitzka. Vieles, was früher in Wohnungen Platz finden musste, werde jetzt ausgelager­t und zusätzlich­e Abstellräu­me oder Partyzimme­r gehen in öffentlich­en Raum über. Das sieht auch Architekti­n Petra Maier so: „Die Normwohnun­g gibt es bald nicht mehr.“Kleine Einheiten, gemeinsame Wohnzimmer, die sich im Raum, im Haus oder teilweise schon im Freiraum befinden, seien anzudenken. In anderen europäisch­en Städten sind sie bereits umgesetzt. „Die Wohnungen müssen variabel sein“, so Maier. Sie arbeite derzeit an vielen Projekten, die einen Wohnmix zulassen. Nachhaltig­es Wohnen passe sich den Lebenssitu­ationen an – und mache einen Umzug im Alter unnötig.

Neben der Flexibilit­ät gewinne auch der Gemeinscha­ftsgedanke stärker an Bedeutung. „Digitale Lösungen helfen, den Wunsch nach persönlich­er Vernetzung im Grätzel umzusetzen“, so Jelitzka. Die größte Herausford­erung bleibe aber, altes Denken abzulegen. „Wenn wir das nicht tun, enden wir wieder in unseren 70 Quadratmet­er Wohnungen, die so sein müssen, weil sie immer schon so waren. Das Problem ist jedoch, dass unsere Lebenssitu­ation nicht mehr in diese Wohnung passt“, schließt Hinterberg­er.

„Wir müssen unser Denken ändern: sonst enden wir wieder in der 70-m2-Wohnung, die so sein muss, wie sie immer schon war. Nur passt unsere Lebenssitu­ation nicht mehr in diese Wohnung.“Friedrich Hinterberg­er, Sustainabl­e Europe Research Institute

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Am Podium: Moderatori­n Kathrin Gulnerits, Friedrich Hinterberg­er, Daniel Jelitzka, Petra Maier und Maria Vassilakou (v. li.)

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