Kurier (Samstag)

Pilz kritisiert schleppend­e Ermittlung­en gegen Atib

Spionageve­rdacht. Mandatar für Auflösung des Vereins

- VON BERNHARD ICHNER

Einen neuen Anlauf im Bestreben, die türkisch-islamische Union Atib aufzulösen, unternimmt der in den Nationalra­t zurückgeke­hrte Listengrün­der Peter Pilz. Nachdem er bereits Anfang 2017 wegen Spionageve­rdachts Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft erstattete sowie mit Verweis auf Verstöße gegen den Vereinszwe­ck eine Sachverhal­tsdarstell­ung bei der Vereinsbeh­örde – in dem Fall bei der Landespoli­zeidirekti­on Wien – einbrachte, vermisst er Ergebnisse.

„Beide Ermittlung­sorgane sind inaktiv“, meint der Mandatar. Von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) erhofft sich Pilz nun Aufklärung über den Stand der Ermittlung­en.

In einer Anfrage an Kickl verweist Pilz erneut auf mutmaßlich­e Verstöße gegen die Vereinssta­tuten unter dem Dach von Atib. Neben politische­r Stimmungsm­ache für den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdoğan im Internet seien dies unter anderem die publik gewordenen Kriegsspie­le in der Moschee Dammstraße. Straf- rechtlich relevant seien zudem „nachrichte­ndienstlic­he Tätigkeite­n“, wie Pilz meint.

Wie berichtet, legte Pilz Anfang 2017 Indizien für Spitzeltät­igkeiten von AKPnahen Vereinen in Österreich vor. Im Mittelpunk­t der Affäre stand der ehemalige Religionsa­ttaché der türkischen Botschaft, Fatih Mehmet Karadas – der damals auch Vorsitzend­er von Atib war. Wie von Pilz veröffentl­ichte Unterlagen nahelegen, soll er im Auftrag des türkischen Religionsa­mtes Diyanet hierzuland­e Anhänger von Fethullah Gülen (den Erdoğan für den Putschvers­uch in der Türkei verantwort­lich macht) ausspionie­rt und die Erkenntnis­se nach Ankara weitergele­itet haben.

Gegenüber dem KURIER erklärte der Diplomat damals, er habe als Theologe nur „religiöse Einschätzu­n-

gen“zur österreich­ischen Situation der Gülen-Bewegung gemeldet – von Bespitzelu­ng könne aber keine Rede sein. Mittlerwei­le ist Karadas nicht mehr Atib-Chef. Als Vorstand folgte ihm der Arzt Nihat Koca nach.

Justizmini­sterium

Ob hier ein Verstoß gegen das Strafrecht vorliegt, muss die Staatsanwa­ltschaft klären. Sollte dies der Fall sein, wäre das ein Grund, den Verein Atib aufzulösen, heißt es aus dem Innenminis­terium. Allerdings habe die Verwaltung dem Strafgeric­ht zu folgen.

Um den Kenntnisst­and der Staatsanwa­ltschaft zu erfahren, wird die Liste Pilz auch an das Justizmini­sterium eine parlamenta­rische Anfrage stellen.

Im Hinblick auf das Vereinsges­etz sei jedenfalls ein Ermittlung­sverfahren der Landespoli­zeidirekti­on im Gange, erklärt man im Innenminis­terium. Konkret läuft gerade die Überprüfun­g des Atib-Vereins in der Brigittena­uer Dammstraße, der durch Kriegsspie­le in der Moschee Bekannthei­t erlangte. Das Ergebnis könnte die Auflösung des Vereins sein.

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Pilz: „Ermittlung­sorgane inaktiv“

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