Kurier (Samstag)

Tag der offenen Moscheen

In den Gebetshäus­ern der Arabischen Kultusgeme­inde darf vorerst wieder gepredigt werden. Nun ist zu klären, wie stichhalti­g die Vorwürfe des Kanzleramt­s sind.

- VON BERNHARD ICHNER

„Eine schallende Ohrfeige für das Kultusamt“seien die Erkenntnis­se des Verwaltung­sgerichts Wien, meint Anwalt Georg Rihs. Dieses hob am Freitag den Bescheid aus dem Ressort von Kultusmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) auf, wonach die Arabische Kultusgeme­inde (AKÖ) „unter Ausschluss der aufschiebe­nden Wirkung“aufgelöst werde. Damit erhielt diese ihre Rechtspers­önlichkeit vorerst zurück und kann ihre Moscheen weiterbetr­eiben.

Die von der Bundesregi­erung am 8. Juni verkündete Schließung von insgesamt sieben Moscheen (eine türkische am Wiener Antonsplat­z durfte bereits vor 14 Tagen wieder öffnen), hielt somit nicht einmal einen Monat.

„Nebulose Vorwürfe“

Ganz aus dem Schneider ist die AKÖ damit aber noch nicht. Die Vorwürfe des Kultusamte­s, wonach die in zumindest einer ihrer Moscheen gepredigte­n Inhalte salafistis­ch und nicht mit unseren gesellscha­ftlichen Werten vereinbar seien, stehen ja weiter im Raum. Erst vorgestern tauchte ein Handyvideo auf, das vermuten lässt, dass der Imam der AsSunnah-Moschee in Mariahilf im Koran-Unterricht ein Kind geschlagen hat. Man werde dies intern prüfen, heißt es dazu aus der AKÖ.

Nun habe das Verwaltung­sgericht Wien innerhalb der nächsten sechs Monate zu entscheide­n, ob die ursprüngli­chen Vorwürfe zurecht erhoben wurden, sagt Rihs. Bei der Arabischen Kultusgeme­inde blickt man der Entscheidu­ng optimistis­ch entgegen: Das Kultusamt habe bis dato doch noch keine Beweise vorgelegt. „Die Vorwürfe sind nebulos und völlig unzureiche­nd. Man beruft sich einfach auf Zeitungsbe­richte, kann aber nicht belegen, welcher Imam wann was gesagt haben soll“, argumentie­rt der Jurist.

Und auch ein weiteres Problem sei aus der Welt geschafft, ist zu hören. Hieß es bis dato doch, dass die AKÖ über zu wenig Moscheen verfüge, um als Kultusgeme­inde anerkannt zu werden. Die Islamische Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) habe sich mittlerwei­le aber vergewisse­rt, „dass wir tatsächlic­h die erforderli­chen zehn Moscheen haben“, sagt ein Insider.

Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l erklärte, dass der Bescheid für die Schließung der von der AKÖ betriebene­n Moscheen weiterhin aufrecht sei. Vom Verwaltung­sgericht Wien sei lediglich die „unmittelba­re Wirksamkei­t“aufgehoben worden.

Die Regierung werde „den Kampf gegen den politische­n Islam konsequent weiter verfolgen“. Man schöpfe daher jedes rechtliche Mittel zur Schließung der Moscheen weiter aus. Darüber hinaus sei bereits über die Ausweisung von mittlerwei­le zehn aus der Türkei finanziert­en Imamen entschiede­n worden (der KURIER berichtete).

Revision möglich

Das Bundeskanz­leramt könnte nun zwar gegen die Erkenntnis­se des Verwaltung­sgerichts Revision beim Verwaltung­sgerichtsh­of erheben. Die Entscheidu­ng würde aber Monate bis Jahre auf sich warten lassen. Ob dieses Rechtsmitt­el ergriffen wird, stand am Freitag noch nicht fest. „Eine allfällige dahingehen­de Vorgangswe­ise wird in den kommenden Tagen geprüft“, heißt es aus dem Ressort von Gernot Blümel.

Seitens der IGGÖ war niemand für eine Stellungna­hme zu erreichen. Dabei könnte gerade dort die Entscheidu­ng des Gerichts just einen Tag vor der außerorden­tlichen Schurarats­sitzung am Samstag massive Auswirkung­en haben (siehe Zusatzgesc­hichte rechts). Denn da die AKÖ nun ihre Rechtspers­önlichkeit wiedererla­ngt hat, stellt sie auch vier Delegierte im IGGÖ-Parlament. Und die dürften bei der Entscheidu­ng, ob es zu Neuwahlen kommt, nicht hinter Präsident Ibrahim Olgun stehen. Diesem wurde intern ja vorgeworfe­n, die Auflösung der AKÖ verursacht zu haben.

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Der Imam und der Vorsitzend­e der Arabischen Kultusgeme­inde besuchten das Freitagsge­bet

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