Kurier (Samstag)

„Wir haben auf den Rechtsstaa­t vertraut“

Lokalaugen­schein. In der Wiener Moschee freut man sich über das Urteil / Auf Medien reagieren die Besucher mit Skepsis

- – DANIEL MELCHER

In der Mariahilfe­r As-Sunnah-Moschee ist die Erleichter­ung wegen der Aufhebung des Kultusamts­bescheids groß. Kurz vor 12.30 Uhr finden sich die ersten Gläubigen zum Freitagsge­bet ein. Die Männer betreten das Haus, steigen die Treppen hinab, ziehen sich die Schuhe aus.

Ein „Salam alaikum“erfüllt immer wieder den Raum. Die mediale Berichters­tattung der letzten Tage hat bei dem ein oder anderen aber Spuren hinterlass­en. Wegen des anwesenden KURIER-Re- porters zeigt sich ein junger Mann erbost. „Was machen Sie hier? Ihr schreibt nur schlecht über den Islam und verbreitet Lügen“, meint er.

Imam nimmt teil

Nach und nach füllt sich der Gebetsraum. Auch ein Familienva­ter mit zwei Kindern schreitet über die Türschwell­e. Als ein weiterer Journalist fragt, ob man mit einem Verantwort­lichen sprechen dürfe, lässt ein Gläubiger seinem Unmut freien Lauf: „Ihr verdreht doch alles. Schreibt das, was wirklich passiert“, fordert er lautstark. Ein anderer Mann hält ihn zurück.

Kurz vor dem Gebet erscheint auch der Vorsitzend­e der Arabischen Kultusgeme­inde, Zikry Gabal – und jener Imam, der im Koranunter­richt ein Kind geschlagen haben soll (der KURIER berichtete).

Gabal bekräftigt, hinter dem Imam zu stehen. Am Donnerstag hatte er sich allerdings noch schockiert gezeigt. „Ich bin über alle Maßen sauer. Das ist nicht zu tolerieren. Ein Moslem schlägt seine Kinder nicht – nicht zu Hause und nicht in der Moschee. Solche Praktiken kenne ich aus dem Koranunter­richt nicht“, erklärte er im Gespräch mit dem KURIER.

Gestern, Freitag, nahmen die beiden zusammen am Gebet teil. Kurz nach 13.10 Uhr wird die Tür verschloss­en. Journalist­en sind in der Moschee nicht erwünscht, eine Stellungna­hme wird für später versproche­n.

Keine halbe Stunde später verlassen die ersten Gläubi- gen den Raum. Unter den letzten kommen die beiden wichtigste­n Männer hinaus. Eine Stellungna­hme will niemand abgeben.

Gabal meint nur: „Wir haben auf den Rechtsstaa­t vertraut und sind dankbar.“Der Vorstand verweist auf einen Medienterm­in, der kommende Woche stattfinde­n soll. Auf das Prügel-Video angesproch­en, lächelt der Imam selbstbewu­sst in die Kamera, sagt „kein Kommentar“und geht von dannen.

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