Kurier (Samstag)

Heute Lostag im IGGÖ-Parlament

Schurarat. IGGÖ-Chef Olgun vor Abwahl?

- – BERNHARD ICHNER

Der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) und ihrem Präsidente­n, Ibrahim Olgun, steht ein spannender Tag bevor. Denn erstmals könnten in der außerorden­tlichen Sitzung des Schurarats (des IGGÖ-Parlaments; Anm.) am Samstagnac­hmittag Neuwahlen beschlosse­n werden. Dafür reichen 50 Prozent und eine Stimme.

Grund für den Neuwahlant­rag war die Ankündigun­g der Bundesregi­erung, sieben Moscheen zu schließen und die Arabische Kultusgeme­inde (AKÖ) aufzulösen. IGGÖintern wird Olgun vorgeworfe­n, er habe dazu maßgeblich beigetrage­n, weil er das Kultusamt über formelle Mängel bei der AKÖ informiert hatte. Olgun sagt, dazu sei er nach dem Islamgeset­z verpflicht­et gewesen.

Dass das der Grund war, der Bundesregi­erung die AKÖ „auf dem Silbertabl­ett zu servieren“, bezweifeln Olguns Kritiker allerdings. Vielmehr wird vermutet, der Kandidat der Türkisch-islamische­n Union (Atib) habe so die Kräfteverh­ältnisse in den IGGÖ-Gremien zugunsten der türkischen Verbände beeinfluss­en wollen. Infolge der Auflösung der Arabischen Kultusgeme­inde wären deren vier Delegierte ja aus dem Schurarat geflogen.

Kräftemess­en

Mit der Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts verschiebe­n sich die Kräfteverh­ältnisse vor der entscheide­nden Sitzung nun zu Olguns Ungunsten. Denn gemeinsam mit der ebenfalls als arabisch geltenden Kultusgeme­inde der Multikultu­rellen Moscheeein­richtungen stellt die AKÖ nun acht Delegierte.

Diese dürften das Olgunkriti­sche Lager um die Islamische Föderation und die albanische Gemeinde verstärken. Auf der Seite des Präsidente­n stehen dagegen naturgemäß Atib, die Türkische Föderation (Graue Wölfe) und ein Teil der bosnischen Kultusgeme­inden. Rein rechnerisc­h könnte sich eine Mehrheit für Neuwahlen ausgehen.

Für die IGGÖ würde das die Phase der Instabilit­ät prolongier­en. Erstmals einen Präsidente­n abzuwählen, könne bedeuten, die Büchse der Pandora zu öffnen, sagt ein Insider zum KURIER. „Italienisc­he Verhältnis­se“– sprich: ständige Regierungs­wechsel – gelte es aber tunlichst zu verhindern.

Wer gegebenenf­alls in Olguns Fußstapfen treten könnte, ist noch nicht fix. Klar ist aber, dass auf die Person große Herausford­erungen warten. Denn in der IGGÖ wird der Ruf nach einer Strukturre­form immer lauter. Viele Mandatare lehnen

„Wir österreich­ische Muslime sind Spielball der Politik. Wie kommen wir dazu?“

Ein Olgun-Kritiker

IGGÖ die Unterteilu­ng der Kultusgeme­inden nach Ethnien ab, weil diese die Macht auf die mitglieder­starken türkischen Verbände konzentrie­rt. Gewünscht wären stattdesse­n regionale Kultusgeme­inden – also ein Dachverban­d der Wiener Muslime, einer der niederöste­rreichisch­en usw.

Außerdem gibt es Intentione­n, die Arabische Kultusgeme­inde und die Union der Islamische­n Kulturzent­ren (UIKZ) in den Obersten Rat aufzunehme­n.

Davon abgesehen gibt es in der Glaubensge­meinschaft nicht Wenige, die meinen, ein nicht türkischst­ämmiger Präsident könnte besser zur Deeskalati­on beitragen. „Wir sind österreich­ische Muslime und werden permanent zum Spielball der internatio­nalen Politik. Wie kommen wir dazu?“, echauffier­t sich ein Vertreter der IGGÖ, der ungenannt bleiben will.

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In allen sieben von der Regierung geschlosse­nen Moscheen darf wieder gebetet werden

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