Rekordler, Schlitzohren und
Die Vorrunde war sportlich nicht spektakulär, aber doch ganz okay. Es gab Deppen, aber auch Helden. 13 Dinge, die uns positiv aufgefallen sind und elf, die uns weniger gefallen haben.
48 Spiele in 15 Tagen, aber nur 122 Tore. Eine Bilanz mit Augenzwinkern.
Stani-Zar. Unter ExInnsbruck-Spieler und -Trainer Tschertschessow haben die Russen weit mehr erreicht, als befürchtet wurde.
Fernseh-Gucker. 5,747 Millionen Österreicher haben sich die Spiele live in ORFeins angesehen. Das Ranking führt die Partie Deutschland gegen Schweden vom 23. Juni mit bis zu 1,437 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern an.
Fairplay. Immer noch besser als das Los. Zwar hat Japan das Spielen eingestellt, als klar war, dass man sich gegen Senegal wegen der geringeren Anzahl Gelber Karten durchsetzen würde. Aber es ist ein Zeichen: Spielt fair, macht weniger Fouls, kassiert weniger Gelbe. „Wir wüssten nicht, warum diese Regel geändert werden sollte“, sagte Colin Smith, Direktor der FIFA-Wettbewerbsabteilung.
Alter Herr. Essam Al-Hadari aus Ägypten ist mit 45 Jahren und 161 Tagen nun der älteste Spieler, der je bei einer WM eingesetzt wurde. Der Tormann kam gegen Saudi-Arabien zum Einsatz und wehrte sogar einen Elfmeter ab.
Junger Mann. Daniel Arzani wurde im Spiel Australien gegen Frankreich mit 19 Jahren und fünf Monaten der jüngste Spieler dieser WM. Nach seinen Auftritten zeigt auch die Wiener Austria Interesse am gebürtigen Iraner, der in Australiens zweiter Liga kein Stammspieler war.
Panamas Tor. Der 37jährige Abwehrspieler Felipe Baloy erzielte das erste WM-Tor für sein Land und wurde gefeiert wie ein Held. Es war allerdings nur der Treffer zum 1:6 gegen England.
Video-Star. 17 Fälle wurden offiziell untersucht, 14 Entscheidungen nach dem Videobeweis geändert. 335 Szenen, darunter alle 122 Tore, wurde durch stille Überprüfungen geklärt.
Ahoi Captain. Rafael Márquez wurde beim 1:0-Sieg der Mexikaner gegen Deutschland in der 74. Minute eingewechselt und übernahm die Binde von Andrés Guarda- do. Der 39-Jährige ist der erste Spieler, der bei fünf Endrunden als Kapitän auf dem Feld stand.
Väterlich. „Yurary“stand überraschend auf dem Rücken eines Dänen. Yussuf Poulsen lief mit seinem zweiten Vornamen auf, der auch der Nachname seines aus Tansania stammenden Vaters war. Der starb an Krebs, als Poulsen fünf Jahre alt war. Eigentlich wollte er mit diesem Namen auch für RB Leipzig auflaufen. „Aber als ich den Vertrag unterschrieben habe, hatten sie schon die PoulsenTrikots gedruckt“, sagte er.
Senegals Schlitzohr. M’Baye Niang stand nach einer Behandlung am Spielfeldrand, als er vom Schiedsrichter das Okay bekam, auf den Platz zurückzukommen. Nur einen Moment später Lothar Matthäus Deutscher Ex-Weltmeister spielte Polens Grzegorz Krychowiak den Ball zurück auf seinen Torwart Wojciech Szczesny. Niang sprintete dazwischen und spitzelte den Ball am verdutzten Schlussmann vorbei ins Tor. Der Senegal gewann 2:1.
Sexyrurik. 30.000 Instagram-Follower hatte Rúrik Gíslason vor der WM, jetzt hält er bei 1,2 Millionen. Nicht weil der Zweitligaspieler bei Sandhausen so gut gespielt hat. Die brasilianische Schauspielerin Gabriela Lopes hatte bei seiner Einwechslung geschwärmt: „Wie ist das nur möglich, dass man so schön ist?“Teamkollege Kári Árnason hat den viralen Hype um Gíslason gestartet, als er ein Foto des isländischen Teams versehen mit dem Hashtag #sexyrurik twitterte.
Brummschädel mit Witz. Michy Batshuayi wollte nach dem Führungstor von Teamkollege Adnan Januzaj beim 1:0 gegen England noch einmal kraftvoll ins Netz schießen. Nur: Der Belgier traf aus kurzer Distanz die Stange, von dort prallte der Ball mit voller Wucht gegen den Kopf des Stürmers von Borussia Dortmund. „Warum bin ich so blöd?“, fragte sich der 24-Jährige nach dem Spiel via Twitter. Humor hat, wer trotzdem lacht, wenn die Welt über ihn lacht.
Torarm. 122 Tore fielen in den 48 Spielen. Mit einem Schnitt von 2,54 Treffern liegt das Turnier unter dem Niveau der WM 2014 in Brasilien (2,67). Nur bei fünf Weltmeisterschaften war der Schnitt noch niedriger. Das ist die Schuld der großen Nationen – denn es ist die erste WM, bei der jedes Land zumindest zwei Tore in den drei Vorrundenspielen erzielt hat. Das einzige torlose Unentschieden blieb das Duell von Frankreich mit Dänemark.
Teamchef Löw. Joachim Löw ist weg – vorerst einmal. Ob er noch einmal als Bundestrainer auftaucht, ist ungewiss nach dem historischen erstmaligen Vorrun-
„Diego Maradona jetzt so auf der Tribüne zu sehen, ist für mich das zweite traurige Thema.“
den-Aus bei einer WM. In den Nachfolge-Spekulationen taucht neben den Namen Klopp, Tuchel, Wenger und Kuntz auch der des Österreichers Ralph Hasenhüttl auf.
Löws Quartierjammer. Die verwöhnten Weltmeister waren mit einer FünfSterne-Hütte in Watutinki nahe Moskau nicht zufrieden. Sogar Löw motzte über den „Charme einer guten, schönen Sportschule“. Da zeigten sich Risse zwischen ihm und Manager Oliver Bierhoff. Der meinte: „Wenn Watutinki ein Problem sein sollte, dann ist das wahre Problem, dass es ein Problem ist.“
Löws Bankdrücker. Joachim Löw hat in den drei WM-Spielen des deutschen Teams sein Personal kräftig durchgemischt. 19 Feldspieler kamen zum Einsatz. Nur Matthias Ginter nicht. Vor vier Jahren wurde er in sieben Spielen nicht eingesetzt (damals durften auch Großkreutz und Durm nicht ans Werk).
Eigen-Tor. Aziz Bouhaddouz wuchs im deutschen Dietzenbach auf, spielt aber für Marokko, das Land seiner Eltern. Der 31-jährige Stürmer des FC St. Pauli sorgte nach seiner Einwechslung gegen den Iran mit einem Eigentor in der fünften Minute der Nachspielzeit für die Entscheidung. Es war das späteste Eigentor der WM-Geschichte.
Maradona mia. Einst Ikone, jetzt belächeltes Maskottchen: Diego Maradona macht bei der WM in Russland unrühmliche Schlagzeilen. Hinter seinen seltsamen Auftritten steckt offenbar mehr als Wein und Selbstverliebtheit. Was ist bloß los mit der argentinischen Fußball-Legende, mit einem der größten Spieler aller Zeiten?
Stadionbesucher. Die Besucherzahl in der Vorrunde liegt deutlich unter dem Wert von 2014. Das liegt auch an den kleineren Stadien, die immerhin zu 98 Prozent ausgelastet waren. Zu den bislang 48 Spielen kamen laut FIFA