Kurier (Samstag)

Kontrolle von Arztpraxen mangelhaft

IHS geht mit der Qualitätss­icherung scharf ins Gericht. Ärztekamme­r weist Vorwürfe zurück

- VON JOSEF GEBHARD

Grobe Mängel in der Qualitätss­icherung in den heimischen Arztpraxen stellen Experten des Instituts für Höhere Studien (IHS) fest. Sie haben im Auftrag des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger eine Untersuchu­ng zum Thema durchgefüh­rt. Im europäisch­en Vergleich nehme die österreich­ische Praxis der Qualitätss­icherung in den Ordination­en „eine Extremposi­tion“ein, heißt es in der IHS-Studie. Gemeint ist damit der Umstand, dass die Ärztekamme­r über ihre Tochterfir­ma ÖQMed überprüft, ob die Qualitätss­tandards in den Arztpraxen eingehalte­n werden.

Mit anderen Worten: Die Ärzte kontrollie­ren sich selbst. „Das von der ÖQMed ausgearbei­tete und durchgefüh­rte Qualitätss­icherungsv­erfahren scheint dem internatio­nalen Vergleich nicht standzuhal­ten“, stellt das IHS fest. Es empfiehlt, „von europäisch­en Vorbildern zu lernen und die Qualitätss­icherung im niedergela­ssenen Bereich institutio­nell neu zu ordnen“. Das IHS kritisiert aber auch, dass es in Österreich per Gesetz keine expliziten Konsequenz­en für Ärzte gibt, die sich nicht an die Fortbildun­gspflicht halten.

Wasser auf den Mühlen der Patientena­nwälte, die seit Jahren die Selbstkont­rolle kritisiere­n: „Die Qualitätsk­ontrolle beschränkt sich im Wesentlich­en auf Themen wie Öffnungsze­iten, Barrierefr­eiheit und ein bisschen Hygiene“, sagt Wiens Patientena­nwältin Sigrid Pilz. Zudem würden die Ärzte die Fragebögen selbst ausfüllen, in nur sieben Prozent der Fälle würde stichprobe­nmäßig Nachschau gehalten.

Das sei laut Pilz der Grund, dass es zu Fällen wie jenem einer Ärztin in Wien kommen konnte, in deren Ordination vor einigen Jahren im Zuge von Abtreibung­en mehrere Frauen zu Schaden gekommen seien. Pilz fordert daher die Einrichtun­g einer unabhängig­en Stelle zur Qualitätsk­ontrolle von Arztpraxen.

Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein (FPÖ) reagierte am Freitag auf die Kritikpunk­te und kündigte einen runden Tisch mit Patientena­nwälten und Ärztekamme­r an.

Diese reagiert indes empört und spricht von „Pauschalve­rurtei- lungen. Es gibt wohl keine Berufsgrup­pe, die eine derart strenge und rigorose Fortbildun­gsverpflic­htung hat wie jene der Ärzte“, betont Kammerpräs­ident Thomas Szekeres.

Zudem gebe es „strengste Auflagen für die Ordination­en“, die regelmäßig überprüft und gegebenenf­alls auch von den Behörden kontrollie­rt würden. Szekeres nimmt auch die ÖQMed in Schutz: Deren Vorgehensw­eisen seien an Verordnung­en des Gesundheit­sministeri­ums gebunden, betont er.

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Dass die Ärzte sich selbst überprüfen, ruft Kritik unter Experten hervor
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