Kurier (Samstag)

2018 wird ein „Zecken-Superjahr“

Forscher der Vetmeduni Vienna sagen für heuer 443 Zecken pro 100 Quadratmet­er voraus

- VON ERNST MAURITZ

„Für die Zecken mag es positiv sein, für uns ist es schlecht.“So kommentier­t Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiolo­gie der deutschen Bundeswehr die höchste Zahl an Zecken, die er seit 2009 in einem einausgewä­hlten Gebiet in Süddeutsch­land bisher je gefunden hat. 443 Zecken pro 100 Quadratmet­er prognostiz­ierten Forscher der Vetmeduni Vienna (Veterinärm­edizinisch­e Uni Wien) bereits im Jänner für das ganze Jahr 2018. Jetzt zeigen schon die bisherigen monatliche­n Rekordfund­e Doblers, dass sich diese Jahresprog­nose der Wiener Forscher genau erfüllen wird. Sie sprechen bereits von einem „Zecken-Superjahr“. 2017 waren es 180 Zecken pro 100 Quadratmet­er.

Für ihr Modell benötigen Katharina Brugger und Franz Rubel vom Institut für Öffentlich­es Veterinärw­esen der Vetmeduni Vienna Daten der vergangene­n zwei Jahre. Für das heurige Rekord-Zeckenjahr war zunächst von Bedeutung, dass es 2016 mehr Bucheckern und Eicheln gab, weil es sich um ein „Mastjahr“handelte: „Durch dieses gute Nahrungsan­gebot überlebten mehr kleine Nagetiere – vor allem Mäuse – den Winter, ihre Population stieg dadurch stark an.“2017 gab es dadurch viele Zwischenwi­rte für die Zeckenlarv­en. Und heuer, 2018, sind dann für das nächste Entwicklun­gsstadium, die Nymphen, auch Menschen, ein Wirt für ihre Blutmahlze­iten. Gleichzeit­ig f ließen die Durchschni­ttstempera­tur des jeweiligen Vorjahres und die Temperatur­en des aktuellen Winters in das mathematis­che Modell ein.

Bereits bei ihrer Prognose für 2017 lagen die Wiener Forscher richtig – diese stimmte mit den tatsächlic­hen Zahlen in dem Untersuchu­ngsgebiet in Süddeutsch­land überein. „Und wenn in Süddeutsch­land ein Zeckenjahr ist, dann gilt das auch für Österreich“, sagt der Meteorolog­e und Epidemiolo­ge Rubel. „Die deutschen Kollegen sind die einzigen, die über langjährig­e standardis­ierte Fangdaten von Zecken verfügen.“

Höheres Risiko

Nachdem sie jetzt zwei Mal die Genauigkei­t ihres mathematis­chen Modells bewiesen haben, soll es in Zukunft zu einem Frühwarnsy­stem ausgebaut werden. Denn mehr Zecken bedeuten immer auch ein erhöhtes Risiko zu erkranken – etwa an FSME oder Borreliose. Generell gab es in den vergangene­n Jahren einen Trend zu höheren Zeckenzahl­en. „Das ist eine Folge der globalen Erwärmung“, sagt Rubel. Die Zeckenvork­ommen breiten sich nach Norddeutsc­hland und Südskandin­avien aus. Und im Alpenraum überleben Zecken auch in höheren Regionen – bis zu 600, 700 Meter mittlerwei­le.“Auch Parasitolo­ge Georg Duscher von der Vetmeduni Vienna sieht „eine generelle Tendenz zu einer höheren Zeckenakti­vität“.

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Für die systematis­che Zeckensamm­lung werden sie mit dem Tuch von der Vegetation abgestreif­t

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