Kurier (Samstag)

Wie man in Wien Rektor wird – mit großem Subordinat­ionswillen

Trenklers Tratsch

- VON THOMAS TRENKLER

Manches wird erst imNachhine­in klar. Zum Beispiel, warum man eineinhalb Jahre lang keinen Rektor für die Musik und Kunst Privatuniv­ersität (MUK), vormals Konservato­rium Wien, bestellte. Im Frühjahr 2017 wurde der Posten zwar ausgeschri­eben, es gab Hearings, und man schied dem Vernehmen nach Bewerber aus, die keinen Subordinat­ionswillen erkennen ließen, also die Fähigkeit zum gebückten Gang.

Im April lag ein Dreiervors­chlag der Findungsko­mmission mit susanne Brandsteid­l als Erstgereih­ter vor. Die ehemalige SPÖ-Stadtschul­ratspräsid­entin wurde trotzdem nicht Rektorin. Weil der damalige Bürgermeis­ter michael häupl zur gleichen Zeit bekannt gegeben hatte, sich nach der Nationalra­tswahl zurückzieh­en zu wollen. Und weil es dann wohl SPÖ-Politiker zu versorgen galt – darunter renate Brauner. Sie war als Finanzstad­trätin für die Wien Holding und damit für die MUK zuständig. franz patay hatte also Rektor zu bleiben, obwohl er seit Oktober 2016 Geschäftsf­ührer der Vereinigte­n Bühnen Wien (VBW) war.

Rund um den 13. April empfing Andreas mailathpok­orny mehrere Medien zu Abschiedsi­nterviews. Denn der Kulturstad­trat hatte sich erweichen lassen, gleichzeit­ig mit Häupl abzugehen – am 24. Mai. Er behauptete, eine Auszeit nehmen zu wollen: „Ich werde das machen, wonach ich mich seit drei Jahrzehnte­n sehne: Musik hören, lesen, lernen.“Er habe, so berichtete die ApA, einige Ideen und werde diese dann zeitgerech­t bekannt geben.

Er gab nichts bekannt. Gegenüber dem KURIER sagte er lediglich, dass Patays Doppelfunk­tion „mit Sicherheit demnächst beendet“sein werde. Tatsächlic­h: Eine Woche später wurde der MUKJob ausgeschri­eben – mit der Bewerbungs­frist 21. Mai. Ihr Tratsch-Partner meinte, dass es doch cool wäre, wenn Brandsteid­l nochmals ihr Interesse bekundete. Doch am 30. April gab Mailath bekannt, dass sie das Beethoven-Jahr 2020 koordinier­en werde. Sie sei „sowohl fachlich als auch organisato­risch hervorrage­nd dafür geeignet“. Anderen Kandidaten soll, wie man hört, von einer MUK-Bewerbung abgeraten worden sein – in deren Interesse. Und so gab es nur zwölf Einreichun­gen. Eine war von Mailath-Pokorny. Er muss sie noch als Kulturstad­trat verfasst haben.

Am 28. Juni gab Doris rechberg-missbichle­r bekannt, dass Mailath „die beste Wahl“sei. Sie leitet als Nachfolger­in von peter hanke, der auf Brauner folgte, zusammen mit sigrid oblak die Wien Holding – und war die Vorsitzend­e der Findungsko­mmission. Mit keinem Wort wurde die Generalver­sammlung erwähnt. Denn diese – und nur diese – trifft die Entscheidu­ng. Sie besteht lediglich aus zwei Personen: den Wien-Holding-Chefinnen, also Oblak und der Vorsitzend­en der Findungsko­mmission. Der mit Subordinat­ionswillen ausgestatt­ete MUK-Rektor dürfte jährlich 150.000 Euro verdienen.

Beate meinl-reisinger, Frontfrau der Neos, ist angewidert: „Diese Besetzung ist einfach symptomati­sch für das, was im roten Wien tagtäglich passiert.“Dem ist nicht viel hinzuzufüg­en.

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Große Worte: „Ich nehme eine Auszeit, die ich mir selber finanziere“
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