Die Nachfolger der Concorde
Die Luftfahrtlegende Concorde könnte bald einen Nachfolger bekommen. Mehrere Start-ups arbeiten an der Entwicklung neuer Überschallflugzeuge
Zahlreiche Start-ups arbeiten an Überschall-Passagiermaschinen für Flugreisende.
Mit der Concorde hat am 21. Jänner 1976 das Zeitalter der kommerziellen Überschallflüge begonnen. Das russische Pendant, die Tupolew Tu-144S, hat im November 1977 den Passagierbetrieb aufgenommen.
Lange dauerte das verheißungsvolle Kapitel der Mobilität allerdings nicht. Schon damals war es aufgrund der hohen Spritkosten schwierig, den Einsatz wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten. Ein weiteres Problem war der Überschall-Knall. 1973 hat die US-Luftsicherheitsbehörde Überschallflüge über dem Festland der USA verboten. Der letzte Flug der Tu144S fand im Juni 1978 statt. Nach einem Absturz im Jahr 2000 mit 114 Toten stellte Air France den Betrieb seiner Concordes ein. British Airways folgte 2003.
Comeback
Seit einiger Zeit gibt es nun ein Wiederaufleben des Überschallreisens. Obwohl es derzeit keine kommerziellen Passagiermaschinen gibt, die schneller f liegen können als der Schall, arbeiten eine ganze Reihe an Unternehmen an der Entwicklung neuer Überschall- jets. Das US-Start-up Boom Supersonic entwickelt etwa einen Jet, der die Strecke von New York nach London in 3:15 Stunden schaffen soll.
Günstiger als Concorde
Mit seinen drei Triebwerken soll das Flugzeug eine maximale Geschwindigkeit von Mach 2,2 (2335 km/h) erreichen können und 55 Passagieren Platz bieten. Auf seiner Website gibt Boom an, dass sein Flugzeug mehr als 500 Routen bedienen wird können. Unter anderem soll dies die Aerodynamik des neuen Jets ermöglichen, dessen Überschallknall mindestens um das 30-Fache leiser sei als jener der Concorde.
Für die Strecke New York– London peilt Boom einen Preis von 5000 Dollar pro Ticket an. Das wäre wesentlich günstiger als ein Flug in der Concorde: Inflationsbereinigt kam ein vergleichbares Ticket in der Concorde in den 1970er-Jahren auf etwa 20.000 Dollar. Die ersten Tests mit Überschallflügen sind für 2019 geplant.
Business-Jet
Spike Aerospace ist ein weiterer Player, der auf die Zukunft von Überschallflugzeugen wettet und dafür an einem entsprechenden Jet arbeitet. Das Flugzeug soll lediglich 18 Personen Platz bieten und als Business-Jet durchgehen. Die Reisegeschwindigkeit wird mit 1,8 Mach, also 1913 km/h, angegeben.
Screen statt Fenster
Auf eine zentrale Komponente will Spike Aerospace bei seinem Supersonic-BusinessJet verzichten: Fenster. Die Passagiere sollen neben breitflächigen Bildschirmen sitzen, die per Livestream die Sicht aus dem Flugzeug zeigen. Wenn den Passagieren der Ausblick zu langweilig wird, lassen sich auch atmosphärische Landschaftsbilder anzeigen.
Der Überschallknall soll nicht lauter sein als ein Händeklatschen. Eine Erklärung, wie das gehen soll, bleibt Spike bislang schuldig. Die Auslieferung der ersten Maschinen ist für 2023 geplant.
In Kooperation
Partnerschaften mit namhaften Luftfahrtunternehmen kann Aerion aufweisen. Für die Entwicklung des Überschalljets AS2 kooperiert Aerion mit GE Aviation und Lockheed Martin.
Über Ozeane ist für den Business-Jet eine Reisegeschwindigkeit von 1700 km/h geplant, über bewohn- ten Gebieten maximal 1100 km/h. Laut eigenen Angaben soll der AS2 eine Geschwindigkeit von Mach 1,2 beziehungsweise gut 1400 km/h schaffen, ohne dabei einen Überschallknall zu erzeugen – abhängig von Temperatur und Windkonditionen. Dafür hat das Unternehmen laut eigenen Angaben ein gutes Dutzend an Patenten im Portfolio. Der Erstflug ist für 2023 geplant.
Keine Massenmobilität
Wie die Concorde bereits vor Jahrzehnten gezeigt hat, ist die Machbarkeit nicht das Problem bei Überschallreisen. Auch wenn der laute Überschallknall stark gemindert werden kann, bleibt immer noch die Frage der Rentabilität. Dass in einigen Jahren Passagiere mit Überschallflugzeugen massenhaft in den Urlaub jetten, behauptet keines dieser Luftfahrtunternehmen.
Zielgruppe für ihre Jets sind vielmehr Business-Menschen. Der Faktor Zeit werde in der Wirtschaft immer wichtiger. Eine Zeitersparnis von mehreren Stunden würden sich Unternehmen einiges kosten lassen, was die Überschall-Start-ups zur Grundlage ihrer Geschäftsmodelle machen.