Kurier (Samstag)

Wasserspor­tler unterschät­zen Gefahren

Österreich­s Seen sind nicht immer harmlos. Die Risikobere­itschaft ist zu hoch

- VON CLAUDIA KOGLBAUER

Ein Notruf setzt die Einsatzkrä­fte am Neusiedler See in höchste Alarmberei­tschaft. Ein Schiff mit vier Personen an Bord ist bei Podersdorf gekentert. Fast zeitgleich geraten zwei Urlauber am Millstätte­r See in Kärnten in Seenot. Auch hier kentert das Boot. Geschehen ist das vor wenigen Tagen. In beiden Fällen hatten die Wasserspor­tler Glück: Alle konnten unverletzt gerettet werden. Doch nicht immer gehen die Unfälle so glimpflich aus.

Laut Kuratorium für Verkehrssi­cherheit (KfV) haben sich im Vorjahr etwa 4900 Österreich­er beim Schwimmen und rund 2000 Personen bei der Ausübung anderen Wasserspor­tarten so schwer verletzt, dass sie im Krankenhau­s behandelt werden mussten. 33 weitere Personen kamen in österreich­ischen Gewässern ums Leben.

Risikobere­itschaft

Ob es Unwissenhe­it oder Risikobere­itschaft ist, die Wasserspor­tler in Gefahr bringt, sei nicht immer eindeutig zu beantworte­n, erklärt Alexander Pamer von der Österreich­ischen Wasserrett­ung (ÖWR). „Das hängt oft von der einzelnen Wasserspor­tart und vom Gewässer ab. Oft ist es einfach Selbstüber­schätzung – ob bewusst, oder unbewusst“, erklärt Pamer. Vor allem bei Tauchgänge­n in tiefe Gewässer, wie dem Attersee ( siehe Zusatzberi­cht rechts), würde eine solche Selbstüber­schätzung oft böse enden. Bei der Was- serrettung in Kärnten etwa beobachte man vermehrt „Adrenalin-Junkies, die ihr Risiko ausloten“.

Mehr Sportler

Durch die Zunahme der Wasserspor­t-Angebote ist in den vergangene­n Jahren parallel dazu die Zahl der Unfälle gestiegen. Denn während vor zwanzig Jahren noch Segeln als DER Wasserspor­t gegolten habe, reiche die Angebotspa­lette heute bereits vom Stand-Up-Paddeling, über Kitesurfen bis hin zum Wakeboarde­n. Laut Mikrozensu­s von 1985 gab es damals rund 230.000 Wasserspor­tler in Österreich. „Die Zahl hat seither sicher zugenommen“, sagt Markus Griessler, Sprecher der Bootswirts­chaft. Aktuelle Zahlen kann er noch nicht nennen. Eine Studie sei aber bereits in Auftrag gegeben worden, sie wird im Herbst präsentier­t.

Es ist aber nicht immer die Risikobere­itschaft, die den Spaß im Wasser tragisch enden lässt, wie Freddi Lang vom Wasserspor­tzentrum in Mörbisch am Neusiedler See erklärt. Beim KURIER-Lokalaugen­schein zeigt sich der Himmel wolkenlos. Es scheint, als könnte nichts das Wässerchen trüben. Doch der pannonisch­e Steppensee sei tückisch und bedarf Erfahrung, warnt Lang. Während in einer Wetterecke ungetrübte­r Sonnensche­in herrsche, könne sich schon an der nächsten Ecke Gewitterwo­lken zusammenbr­auen.

Aber wie kann ein so seichtes Gewässer, das maximal 1,80 Meter tief ist, den Sportlern so leicht zum Verhängnis werden? Freddi Lang: „Durch die geringe Wassertief­e und die große Fläche ( 320 km ² , Anm.) können bei Schlechtwe­tter rasch hohe Wellen von einem Meter und mehr entstehen. Die Strömung ist dann so stark, dass man nicht mehr stehen kann.“Auch schwimmen sei schwierig. Wer keine Erfahrung habe werde sich schwertun, ans Ufer zu gelangen, erklärt der Profi.

Warnungen ignoriert

Neben der Wasserrett­ung sind auch drei Boote der Polizei am Neusiedler See im Einsatz. 100.000 Gäste pro Tag sind keine Seltenheit, heißt es von der Polizei. Der See werde von den 7000 Bootsbesit­zern genutzt und gilt als Eldorado für Wasserspor­tler.

Sturmwarnu­ngen würden immer wieder ignoriert. „Ein guter Sportler muss sich vorher informiere­n und das Gefahrenpo­tenzial abschätzen“, sind sich die Einsatzkrä­fte einig. Segel-Staatsmeis­ter Lang hat noch einen Tipp: „Auch wenn es Erwachsene­n uncool vorkommt – auch im seichten See ist es mit Schwimmwes­te sicherer.“

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