Als gäbe es kein morgen mehr
Die große Nationen scheitern. Doch die größten Stars bekommen nach der WM noch mehr Geld. Der Video-Beweis. Im hochkarätigen Achtelfinalspiel Belgien – Brasilien wurde er aus unerfindlichen Gründen unterlassen und den Südamerikanern ein Elfmeter vorenthalten. Brasilien scheiterte aber auch an einem großartigen Gegner. In Abwesenheit der Topfavoriten ist die WM zur EM geworden.
Titelverteidiger Deutschland out, Vizeweltmeister Argentinien out, Europameister Portugal out, Ex-Welt- und Europameister Spanien out, Italien gar nicht erst für Russland qualifiziert – naheliegend, dass sich das mediale Interesse in diesen so erfolgsverwöhnten Ländern von der WM weg schon mehr hin zum Transfermarkt verlagert. Zumal auf dem Cristiano Ronaldo eine Hauptrolle spielt.
Der Ausnahmekönner vom Atlantik-Paradies Madeira war schon vor dem portugiesischen WM-Ausscheiden bei Real in Madrid reif für die Insel. Dort pfiffen ihn anspruchsvolle Real-Anhänger oft aus. In Turin indes fährt Juventus und damit der Fiat-Autokonzern auf den bereits 33-jährigen (aber topfitten) Ronaldo ab.
Die Schätzungen, wie viel Juve an Real überweisen wird, schwanken zwischen 100 bis 230 Millionen Euro. Ronaldo soll eine vierjährige Ehe mit der alten Dame (wie Juve genannt wird) vier Mal 30 Millionen bringen. Real könnte als Ronaldo-Ersatz den (gestern glücklosen) Neymar für eine Rekordsumme von Paris nach Madrid locken. Wie auch immer: Anders als im Jahr 2013 beim ersten 100-Millionen-Transfer ( Gareth Bale von Tottenham zu Real) pudelt sich heutzutage kaum jemand mehr über obszöne Geldflüsse auf.
Pervers
Die Fußball-Branche nimmt kapitulierend zur Kenntnis,
... dass sogar für Spieler, die außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen wenig bekannt sind, bis zu 60 Millionen Euro bezahlt werden;
dass diverse Vermittler uto- pische Geldsummen (oft an der Steuer vorbei) ins eigene Börsel abzweigen, die damit dem Fußball (z.B. für Nachwuchszentren) verloren gehen;
und dass außerhalb von England (2,3 Milliarden vom TV), Deutschland (1,16 Milliarden), Spanien, Italien und Frankreich der nationale Kick nur noch aus Ausbildungsligen für die Großen besteht.
Deshalb ist es legitim, wenn Red Bull Salzburg für Jung-Nationalspieler Stefan Lainer gegenüber italienischen Kaufinteressenten eine zweistellige Millionensumme verlangt.
Und deshalb darf es nicht verwundern, wenn junge Österreicher in die zweite deutsche Liga wechseln, zumal in dieser drei Mal so viel verdient werden kann wie in Österreichs erster Spielklasse.
Der Fußball wird an seiner Geldgier ersticken und seine Zugkraft verspielen.
Das freilich wurde schon vor genau 20 Jahren an dieser Stelle prophezeit. Als der damalige Deutschland-Legionär Andreas Herzog Österreichs bis heute letztes WM-Tor (Elfer zum 1:2 gegen Italien) erzielte; als in Spanien, Italien und Frankreich Gagen in Peseten, Lire bzw. Francs gezahlt wurden, die mittlerweile in Euro üblich sind. Und als noch keine Rede war von einem Video-Beweis. Der sollte nun auch am Verhandlungstisch eingeführt werden. Finanzbeamte würden sich die Hände reiben.