Kurier (Samstag)

„Auf keinen Fall eigenmächt­ig absetzen“

Experten warnen vor Einnahmest­opp. Ausreichen­d Ersatzpräp­arate

- – ERNST MAURITZ

Die Aufrufe der Mediziner sind eindringli­ch: „Blutdruckp­atienten dürfen auf keinen Fall ohne Rücksprach­e mit dem Arzt ihr Valsartan-hältiges Medikament zur Senkung des Bluthochdr­ucks absetzen“, sagt die Kardiologi­n Sabine Perl von der MedUni Graz, Vorstandsm­itglied der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Hypertensi­ologie (Österr. Hochdruckl­iga): „Es kann sonst zu gefährlich­en Blutdrucke­ntgleisung­en kommen.“

54 valsartanh­altige Arzneimitt­el werden europaweit vorsorglic­hzurückger­ufen – ein akutes Patientenr­isiko besteht aber nicht (der KURIER berichtete). Betroffen sind ausschließ­lich Generika. Grund für den Rückruf ist eine mögliche produktion­sbedingte Verunreini­gung mit einem Lösungsmit­tel beim chinesisch­en Hersteller des Valsartan. Er lieferte den Wirkstoff für diese Präparate zu. Wie lange sie nicht erhältlich sein werden, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Laut einer Marktanaly­se von IQVIA sind rund 40 Prozent des österreich­ischen Marktes mit valsartanh­ältigen Medikament­en vom Rückruf betroffen, so Christoph Baumgärtel vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen (BASG) – auf der Homepage des Amtes (www.basg.gv.at) kann die ge- samte Liste abgerufen werden. Diese Präparate können vorläufig nicht neu verordnet werden. Nicht betroffen sind die Medikament­e des Generika-Hersteller­s TAD Pharma (Krka-Gruppe) und vor allem – vom Marktantei­l deutlich größer – alle valsartanh­ältigen Originalpr­äparate der Novartis Pharma GmbH.

Alternativ­en

Laut IQVIA wurden im Vorjahr in Österreich 2,15 Millionen Packungsei­nheiten (Packungen verschiede­ner Größen) an valsartanh­ältigen Produkten verkauft. Der Anteil der vom Rückruf betroffene­n Generika-Firmen betrug 860.000 Packungsei­nheiten. Rund zwei Millionen Österreich­er haben Bluthochdr­uck, 500.000 davon sind in regelmäßig­er Behandlung.

„Wir stellen alle unsere Präparate, die den Wirkstoff Valsartan enthalten – Monound Kombipräpa­rate – in unserer konzerneig­enen Produktion in Irland und der Schweiz her“, sagt NovartisSp­recher Christian Thonke. „Wir arbeiten auch fieberhaft daran, unsere Produktion­skapazität­en zu erhöhen.“Denn viele Patienten werden wahrschein­lich auf eines der Novartis-Präparate umgestellt werden.

Ob Novartis europaweit alle Ausfälle kompensier­en kann, lässt sich zum derzei- tigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

„Es gibt aber genügend andere Ausweichpr­odukte“, beruhigt Kardiologi­n Perl. Valsartan ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Sartane: „Es gibt auch andere Sartane, die genauso gut wirken.“Diese Substanzkl­asse wird als „Angiotensi­n-Rezeptorbl­ocker“bezeichnet. „Darüber hinaus gibt es aber auch noch andere Substanzkl­assen, die übereinsti­mmend mit den Behandlung­srichtlini­en zur Blutdrucks­enkung eingesetzt werden können“, betont Perl. Etwa sogenannte ACE-Hemmer, Kalziumant­agonisten oder – in bestimmten Fällen – auch Betablocke­r. „Es können garantiert alle Blutdruckp­atienten weiterhin optimal medikament­ös versorgt werden“, betont Perl.

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Rund zwei Millionen Österreich­er haben einen zu hohen Blutdruck

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