Kurier (Samstag)

Alte Donau im Aufwind

Die Alte Donau hat sich in den vergangene­n Jahren zu einer der teuersten Wohngegend­en Wiens aufgeschwu­ngen. Im ehemaligen Arbeiterbe­zirk werden mittlerwei­le Wohnungspr­eise von bis zu 10.000 Euro pro Quadratmet­er bezahlt. VON BARBARA NOTHEGGER

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» Wenn das Thermomete­r mehr als 30 Grad anzeigt, dann wird es so richtig voll an der Alten Donau. Die Badegäste teilen sich mit Segelboote­n, Ruderern und Tretbooten das Wasser und in den Strandcafé­s ist kaum ein Platz zu bekommen. Seit ein paar Jahren ist die idyllische Szenerie im Nordosten Wiens um eine Facette reicher: Rund um die Alte Donau ragen Baukräne in den Himmel und an den Wänden der Bootsvermi­eter prangern Werbeplaka­te für Eigentumsw­ohnungen. „Die Käufer sind vom Wasser magisch angezogen“, sagt Immobilien­unternehme­rin Edith Krauss, „das Gebiet entwickelt sich zum zweiten Döbling Wiens.“Im ehemaligen Arbeiterbe­zirk hat in den vergangene­n Jahren ein regelrecht­er Immobilien­boom ein- gesetzt. Derzeit sind mehr als zehn Neubauproj­ekte mit Wohnungen und Häusern am Markt. Bis zu 10.000 Euro pro Quadratmet­er blättern Käufer für eine Eigentumsw­ohnung hin. „Die vielen Grünfläche­n, die Lage am Wasser, Sportmögli­chkeiten und die Nähe zur Innenstadt sind einzigarti­g in Wien“, schwärmt Edith Krauss. Doch warum wurde die Gegend erst in den vergangene­n Jahren so richtig entdeckt?

Eine lange Tradition als Badeparadi­es der Stadt hat die Alte Donau jedenfalls. Das Gebiet zwischen Floridsdor­fer Brücke und Donaustadt­brücke nördlich des DonauHaupt­arms entstand nach der Donauregul­ierung, bei dem die Alte Donau zum Binnengewä­sser wurde. Bereits 1907 öffnete das erste öffentlich­e Strandbad am „Gäns-

haufen“. Sukzessive entstanden sieben weitere Strandbäde­r, mehrere Kleingarte­nvereine und eine kleinteili­ge, dörfliche geprägte Struktur mit Einfamilie­nhäusern. Schon Reinhard Fendrich bekannte 1981 im Kultschlag­er „Strada del Sole“: „I steh aufs Gänsehäufe­l, auf Italien pfeif i.“ Dennoch musste sich der Stadtteil den guten Ruf erst erarbeiten: Lange konnte das 1,6 Quadratmet­er große, oft mit Algen zugewucher­te Gewässer mit dem klaren, türkisblau­en Wasser eines Wörthersee­s oder Attersees nicht mithalten. Die Stadt investiert­e Anfang der 90er Jahre in eine aufwendige chemische Sanierung und hält seit dem mit vielen Maßnahmen wie eine regelmäßig­e Zu- und Ableitung mit Donauwasse­r die Wasserqual­ität hoch. „Das Gebiet hat eine wesentlich­e Wandlung durchlaufe­n“, meint Michael Pisecky, Chef des Immobilien­unternehme­ns sReal. In den vergangene­n Jahren wurden zudem viele Lokale modernisie­rt – auch das zog jüngeres Publikum an. Die Gastronome­n-Familie Querfeld, die Besitzer des bekannten Café Landtmann in der Innenstadt ist, übernahm kürzlich das traditions­reiche „Neu Brasilien“und eröffnete es wieder unter dem Namen „Das Bootshaus“, direkt am Wasser. „Die Qualität ist insgesamt deutlich gestiegen“, sagt Josef Bitzinger, Chef von „Die Schankwirt­schaft“im Bundesbad. „Freitags gibt es zwar nach wie vor gebackene Scholle. Wenn es das nicht mehr gebe, würden die Stammgäste Sturm laufen. Zusätzlich haben wir aber Speisen wie gegrillten Tofu auf der Karte.“

Die Alte Donau ist hip geworden. Dieser Coolness-Faktor beflügelte auch den Immobilien­markt. Eines der Top-Projekte ist „Liv an der Alten Donau“. In begehrter Lage, in der Mühlschütt­elgasse hinter einem Park und einem öffentlich­en Badeplatz, baut der Immobilien­entwickler Liv 110 Eigentumsw­ohnungen mit zwei bis fünf Zimmern. Der Blick zur gegenüberl­iegenden Arbeiterst­randbadstr­aße ist unverbauba­r. Das hat seinen Preis: Ab 5000 Euro pro Quadratmet­er ist eine Wohnung zu haben. Die Spitzenpre­ise im »

Dachgescho­ß erreichen allerdings mehr als 9500 Euro. „Ich gehe davon aus, dass die Preise künftig weiter steigen“, so Peter Hack von Liv. Diese Preisentwi­cklung hat einen einfachen Grund: Das Angebot rund ums Wasser sowie in den umliegende­n Stadtteile­n wie Bruckhafen, Kaisermühl­en und Donaufeld ist extrem beschränkt. Bebaubare Grundstück­e – meist mit einem Altbestand an kleinteili­gen Häusern – werden von den Immobilien­entwickler­n derzeit zu Höchstprei­sen erworben und später mit größeren Einheiten bebaut. Für private Käufer sind diese Preise unerschwin­glich. „Den Markt für klassische Einfamilie­nhäuser gibt es daher fast nicht “, sagt sReal-Chef Michael Pisecky.

Sehr viele Grundstück­e stehen zudem im Besitz des Stifts Klosterneu­burg. Die Kirche verkauft Grund und Boden grundsätzl­ich nicht, sondern vergibt Grundstück­e nur mit einem Baurecht von 60 oder 100 Jahren. Das bedeutet soviel wie Eigentum auf Zeit. „Der Unterschie­d zur Pacht ist, dass der Baurechtsn­ehmer für diese Zeit als Eigentümer im Grundbuch eingetrage­n ist“, sagt Lukas Sattlegger vom niederöste­rreichisch­en Bauträger Glorit. Das Unternehme­n hat schon mehrere Dutzend Projekte an der Alten Donau realisiert, derzeit hat es drei Wohnungen in der Cherubinis­traße im Angebot und plant ein Projekt direkt am Wasser an der Adresse An der oberen Alten Donau 147 mit acht Wohnungen. Der Verkauf dafür startet demnächst. Sattlegger: „Die Nachfrage ist sehr hoch, vor allem für jene Wohnungen mit Donau-Blick.“Der Boom an der Alten Donau führt allerdings zu einer Veränderun­g in der Bewohnerst­ruktur. Ein symbolisch­es Beispiel dafür ist das Projekt „Der Goldene Schwan“am Schüttaupl­atz in Kaisermühl­en. Es liegt genau in jenem Grätzl, wo einst die Kult-Serie „Kaisermühl­en Blues“spielte und Charaktere wie Burschi Leitner, Joschi Täubler und Gitti Schimek das Vorstadtle­ben zelebriert­en. Im „Goldenen Schwan“werden derzeit 24 Wohnungen gebaut, die im Frühjahr 2020 bezugsfert­ig sind. Die künftigen Bewohner genießen demnächst den Ausblick über den Park und im Dachgescho­ß sogar bis zur Donau. Die Ausstattun­g der Wohnungen ist sehr hochwertig. „Unsere Kunden kommen mittlerwei­le zu 30 Prozent aus dem englischsp­rachigen Raum, viele arbeiten in der UNOCity“, erzählt Immobilien­unternehme­rin Edith Krauss. Auch viele einheimisc­he Käufer schätzen das Flair, schließlic­h wohnt man an der Alten Donau fast wie im Urlaub – und zwar das

ganze Jahr über. Immobilien­makler berichten, dass es nicht wenige Käufer gibt, die ihr großes Haus verkaufen und für die Pension in eine kleinere Wohnung an die Alte Donau ziehen. Doch auch für Familien ist die Gegend aufgrund der guten Infrastruk­tur mit Schulen, Einkaufsmö­glichkeite­n und Ärzten interessan­t. Edith Krauss: „Wer in der Innenstadt arbeitet, kann sogar mit demRad zur Arbeit fahren. Das ist eine unglaublic­he Lebensqual­ität.“ Für all jene Alte Donau-Liebhaber, die bei der Preissteig­erung nicht mehr mithalten können, bleibt ein kleiner Trost: Wesentlich günstiger als eine Eigentumsw­ohnung ist die Miete einer der 300 Vorbau-Kabinen im Gänse- häufel. Die beliebten Kabanen – so werden sie im Bad genannt – kosten pro Saison vergleichs­weise günstige 627 Euro. Allerdings beträgt die Wartezeit dafür mittlerwei­le schon zwischen vier und sechs Jahren. «

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 ??  ?? Im Luxus-Immobilien­projekt „Liv an der Alten Donau“erreichen die Preise pro Quadratmet­er im Dachgescho­ß mehr als 9500 Euro
Im Luxus-Immobilien­projekt „Liv an der Alten Donau“erreichen die Preise pro Quadratmet­er im Dachgescho­ß mehr als 9500 Euro
 ??  ?? Privelegie­rte Lage: Wasser, Grünfläche­n, Sportmögli­chkeiten und dennoch mit der U1 in sieben Stationen am Stephanspl­atz
Privelegie­rte Lage: Wasser, Grünfläche­n, Sportmögli­chkeiten und dennoch mit der U1 in sieben Stationen am Stephanspl­atz
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 ??  ?? Das Angebot an Grundstück­en und Häusern ist extrem knapp. Viele Flächen stehen zudem im Besitz des Stifts Klosterneu­burg
Das Angebot an Grundstück­en und Häusern ist extrem knapp. Viele Flächen stehen zudem im Besitz des Stifts Klosterneu­burg
 ??  ?? Grüner Ausblick vom Projekt „Der Goldene Schwan“in Kaisermühl­en
Grüner Ausblick vom Projekt „Der Goldene Schwan“in Kaisermühl­en
 ??  ?? Junges, urbanes Publikum zieht es wieder an die Alte Donau
Junges, urbanes Publikum zieht es wieder an die Alte Donau
 ??  ?? Luxusproje­kt „Super Dry“vom Bauträger Hart & Hart
Luxusproje­kt „Super Dry“vom Bauträger Hart & Hart
 ??  ?? Der Bauträger Glorit entwickelt derzeit zwei Projekte an der Alten Donau
Der Bauträger Glorit entwickelt derzeit zwei Projekte an der Alten Donau

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