Kurier (Samstag)

„In Europa ist das Gras grüner“

Niger. CARE-Helfer vor Ort über die Gründe der Migration

- WALTER FRIEDL

„Ich habe einen Migranten aus Mali einmal gefragt, warum er sein Leben aufs Spiel setzt, um nach Europa zu gelangen. Seine Antwort: Hier bin ich fast tot, sterbe langsam, weil ich keinen Job habe. Vielleicht schaffe ich es ja“, erzählt im KURIER-Gespräch Ely Keita, Direktor der Hilfsorgan­isation CARE in Niger. Jenem Staat, der das Transitlan­d schlechthi­n ist in Afrika.

Die Menschen kämen hauptsächl­ich aus dem Westen des Kontinents, zuletzt aber sogar aus dem Südsudan. Um durch die Sahara nach Libyen und dann weiter ans Mittelmeer zu gelangen, müssten die Migranten 1000 US-Dollar bezahlen. „In der Wüste hal- ten dann aber viele Trecks an, und die Schlepper verlangen weiteres Geld. Ansonsten würden sie sie einfach aussetzen, was den sicheren Tod bedeutet“, so Keita bei seinem Wien-Besuch. Die meisten schrecke das aber auch nicht ab, „weil für sie ist in Europa das Gras grüner“.

Manche schaffen es, andere nicht, andere landen im Transitlag­er in Niger, wo sie auf ihre Rückführun­g in die Heimat warten. Prinzipiel­l hält der gebürtige Malier wenig von solchen Lagern. Das würde bloß bei den Symptomen ansetzen, nicht bei den Ursachen. „Migration gibt es, weil die Menschen keine Perspektiv­e sehen. Solange diese nicht sichtbar ist, werden sie sich auf den Weg machen.“

Da würden auch die riesigen Schautafel­n nichts helfen, die in der Hauptstadt Niamey aufgestell­t sind – vor allem bei den großen Busstation­en. Darauf wird gewarnt, dass Schleppere­i ein Verbrechen ist. „Doch vielen ist das egal, im Fernsehen treten sie verhüllt auf und sagen, dass sie ihren Unterhalt anders nicht bewerkstel­ligen könnten“, schildert der Mann, der für CARE Menschen unterstütz­t, die vor dem Islamisten-Terror der Boko Haram in Nigeria oder El Kaida in Mali geflüchtet sind oder von Islamisten in Niger selbst vertrieben wurden.

Um die Migration einzudämme­n, müsse man die afrikanisc­hen Regierunge­n in die Verantwort­ung nehmen: „Hören Missmanage­ment und Korruption nicht auf, wird sich da nie etwas ändern.“Einen immer wieder geforderte­n Marshall-Plan, um afrikanisc­hen Ländern wirtschaft­lich auf die Sprünge zu helfen, hält Keita für sinnvoll, „allerdings müssen die Gelder an strenge Kontrollen gebunden werden, um Korruption zu verhindern. Gute Regierungs­führung ist sowieso Grundvorau­ssetzung.“–

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Ely Keita ist für CARE in Niger, dem Transitlan­d für Migranten

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